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und ständig drohender Conflicte. Der Weg, diesem unnatürlichen und
ungesunden Zustande ein Ende zu machen, sei zugleich der vom posi-
tiven Verfassungsrecht gebotene Weg, d.h. also in seinem Sinne, die
dauernde Feststellung der Präsenzstärke ohne Zeitbegrenzung (S. VD).
Dabei hat der Verfasser aber zu ausschliesslich die staatsrecht-
liche Seite der Frage in das Auge gefasst. Die staatsrechtlichen
Controversen, welche sich an den jetzigen Zustand anknüpfen,
würden durch die dauernde Feststellung der Präsenzstärke allerdings
aus der Welt geschafft. Keineswegs aber die politischen Con-
fliete. Die Schwierigkeiten, welche seit dem Jahre 1874 in Militär-
fragen erwachsen sind, haben nicht die Verlängerung, sondern
die Erhöhung der Präsenzstärke zum Gegenstande gehabt. Eine
einfache Verlängerung der bisherigen Friedenspräsenzstärke wäre
vermuthlich auch von dem aufgelösten Reichstage mit grosser Majorität
bewilligt worden. Die Nothwendigkeit, über die Erhöhung derselben
mit dem Reichstage zu verhandeln, wäre aber im Jahre 1880 und im
Jahre 1886 auch dann hevorgetreten, wenn im Jahre 1874 eine dauernde
Feststellung der Friedenspräsenz stattgefunden hätte. Dass sich aus
der Forderung einer derartigen Erhöhung ein ganz ähnlicher Conflict
zwischen den verbündeten Regierungen und dem Reichstage hätte ent-
wickeln können, wie der des letzten Winters war, liegt auf der Hand.
Die Möglichkeit von Conflicten ist durch die Natur des constitutionellen
Staatslebens gegeben; es gibt dagegen keine andere Abhülfe als eine
verständige Nachgiebigkeit beider Theile, welche einen annehmbaren
Ausgleich aufrichtig anstrebt.
Der mannigfache Widerspruch, den ich gegen die Ausführungen
des Verfassers habe erheben müssen, hindert mich nicht, anzuerkennen,
dass derselbe eine wichtige staatsrechtliche Frage in anregender und
ansprechender Weise behandelt hat.
Jena. G. Meyer.
Traite elementaire de Droit international prive Par
Andre Weiss, Professeur agrege & la faculte de Droit de Dijon.
Paris 1886. L. Larose et Forcel.
Unter den zahlreichen Lehrbüchern der dem Studienplan der
französischen Rechtsfacultäten durch das Deeret vom 28. December 1880
neu eingefügten Materie desinternationalen Privatrechts nimmt die Arbeit
von A. Weiss wohlverdient einen hervorragenden Platz ein. Sie vermag
zwar weder in ihrer systematischen Anlage noch in ihrer, speciell diesem