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So wurde denn die sogenannte Reorganisation der Armee
in Angriff genommen und im Wege der königlichen Verordnung
während der Jahre 1859—1861 in der Weise thatsächlich durch-
geführt, dass die Anzahl der Cadres und die Effektivstärke der-
selben wesentlich vermehrt wurde.
Die durch diese Reorganisation nothwendig gewordenen
finanziellen Mehrforderungen unterlagen nun freilich der Be-
willigung des Landtags, und die Mehrheit des Abgeordneten-
hauses war dem Gedanken der Reorganisation keineswegs ge-
neigt. Die Bewilligung der entsprechenden Mittel konnte daher
nur unter dem Titel der „erhöhten Kriegsbereitschaft“ zweimal
vorübergehend erlangt werden, und endlich kam es im Jahre 1862
zum vollständigen Bruch zwischen Regierung und Abgeordneten-
haus. Während die Regierung behauptete, die Reorganisation
bewege sich im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung ($ 3 des
Gesetzes vom 3. September 1814) und sei daher im Wege der
Verordnung durchzuführen, leugnete die Mehrheit des Abgeord-
netenhauses eine solche Befugniss auf das Entschiedenste und
berief sich darauf, dass die in die Gesetzsammlung aufgenommene
Cabinetsordre vom 22. December 1819 nur durch ein Gesetz,
also in dem jetzt constitutionell gewordenen Staate durch Ueber-
einstimmung der gesetzgebenden Factoren abgeändert werden
könne.
Die Waffe in dem jetzt entstehenden Streite bot dem Ab-
geordnetenhause das Budgetrecht, wie es in Art. 99 der preussi-
schen Verfassung seinen Ausdruck gefunden hatte:
„Alle Einnahmen und Ausgaben des Staates müssen für
jedes Jahr im Voraus veranschlagt und auf den Staatshaushalts-
etat gebracht werden. Letzterer wird jährlich durch ein Gesetz
festgestellt.“
Hierauf gestützt, strich die Mehrheit des Abgeordneten-
hauses im Herbst: 1862 die Kosten der Reorganisation aus dem
Etat und verhinderte dadurch das Zustandekommen des in der