— 216 —
stellung auf 7 Jahre erfolgt ist, bei vollständigem Mangel der
opinio necessitatis doch gewiss nicht genügen, um daraus ein
Gewohnheitsrecht abzuleiten.
Es ist demnach auch heute noch keine andere Regel für
die Feststellung der Friedenspräsenzstärke massgebend als die
des Art. 60.
Zum Verständniss der Bedeutung dieser Norm wird es vor
Allem nöthig sein, die wesentlichsten in ihr enthaltenen Be-
griffe zu interpretiren.
Hierbei muss uns zunächst die Frage aufstossen, was unter
der „Friedenspräsenzstärke“ an dieser Stelle verstanden wird.
1. Der Begriff der Friedenspräsenzstärke umfasst nicht das
ganze, im Frieden bei den Fahnen versammelte Heer, vielmehr
versteht die Reichsgesetzgebung unter derselben nur die Ge-
sammtsumme !3) der Unteroffiziere und Mannschaften !t), welche
im Frieden dauernd präsent gehalten werden dürfen. Offi-
ziere 1°) sind in dieser Zahl nicht begriffen, auch die Einjährig-
Freiwilligen !®) sind nicht eingerechnet. Desgleichen sind
13) $. oben.
14) Es ergibt sich dies aus den von dem Kriegsminister v. Roon dem
constituirenden Reichstage gegebenen Erläuterungen (Drucksachen Nr. 39;
BezoLo, Bd.II, S. 208), sowie aus dem Wortlaute des $ 1 des Reichsmilitär-
gesetzes vom 2. Mai 1874. Wenn in den Novellen von 1880 und 1887 die
Unterofficiere nicht mehr ausdrücklich genannt sind, so sollen sie damit
keineswegs ausgeschlossen sein (vgl. die Begründung des Entwurfs von
1880, Sten. Ber. IV. Legislaturperiode, Ill. Session, S. 22).
15) Desgl. die Aerzte und Militärbeamten. Hinsichtlich der Officiere
war dies bereits in den genannten Erläuterungen des Kriegsministers
v. Roow ausgesprochen worden. Bestätigt wird es durch den Wortlaut des
$ 1 des Reichsmilitärgesetzes in Verbindung mit $ 4 Abs. 5 desselben
Gesetzes.
16) Bezüglich der Einjährig-Freiwilligen ist eine verschiedene Praxis
geübt worden. Bis zu dem Jahre 1871 wurden dieselben eingerechnet
(Mittheilungen der Militärcommission des Reichstages 1871, II. Session, Druck-
sachen Nr. 102 C). Auch nachher bis zum Erlass des Reichsmilitärgesetzes
geschah dies aus Ersparnissrücksichten (Motive zu $ 1 der Regierungs-