Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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zu verlangen, sie sei jedoch auf Grund der bestehenden Gesetz- 
gebung nicht befugt, eine dauernde Feststellung (sogenanntes 
„Aeternat“) zu fordern ?°). 
Eine authentische Interpretation ist hinsichtlich dieser Frage 
bis heute nicht erfolgt. Man hat sich durch die in Ausführung 
des Art. 60 erlassenen Gesetze im Wege des Compromisses im 
Jahre 1371 auf eine dreijährige, in den Jahren 1874, 1880 und 
1887 auf eine siebenjährige Feststellung der Friedenspräsenz- 
stärke geeinigt. Die Rechtsfrage ist dadurch, wie wir oben 
dargethan, keineswegs entschieden worden, und ebensowenig 
hat man es zu verhindern vermocht, dass bei der jedesmaligen 
nothwendig werdenden Neufestsetzung die alten Gegensätze in 
schärfster Weise zur Geltung kamen. 
Wenn wir nun behufs Untersuchung der Frage, welche 
von den drei soeben angeführten Interpretationen des Art. 60 
die richtige sei, den Wortlaut desselben ins Auge fassen, so ist 
es unzweifelhaft, dass diesem durch jedes Gesetz ım materiellen 
Wortsinne, sei es von längerer, sei es von unbestimmter Dauer, 
Genüge geschieht; also durch die sub 2 und 3 angeführten 
Auffassungen. Nach dem Sprachgebrauche der Reichsverfassung 
ist aber auch eine Feststellung der Friedenspräsenzstärke durch 
das Etatsgesetz nicht ausgeschlossen, denn auch das sogenannte 
Gesetz im formellen Sinne ist der Reichsverfassung ein „Gesetz“. 
So spricht dieselbe in Art. 62° von dem „Etatsgesetz“ und 
fordert in Art. 69 die Feststellung des Reichshaushaltsetats durch 
ein „Gesetz“ ?*), Der Wortlaut der Verfassung lässt somit 
23) Diese Auffassung fand zuerst ihren Ausdruck in der Rede des 
Abgeordneten v. Bennissen (Sten. Ber. 1874, 11. Legislaturperiode, 1. Ses- 
sion, S. 755). 
24) Art. 65 des Entwurfs der Verfassung des Norddeutschen Bundes 
forderte die Feststellung der gemeinschaftlichen Ausgaben „im Wege der 
Bundesgesetzgebung“, bediente sich also genau des in Art. 60 der Reichs- 
verfassung angewandten Ausdrucks.
	        
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