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werden, welche geeignet sind, alle militärischen Einrichtungen
zu modificiren, während sehr langer Zeit die gleiche bleiben
müssen. Es steht demnach nichts im Wege, auch hierüber in
der Verfassung eine Bestimmung zu treffen. Die Reichsverfas-
sung hat dies in Art. 59 gethan.
Durchaus anders verhält es sich jedoch mit der Präsenzzahl.
Diese muss ihrem Wesen nach einem häufigen Wechsel unter-
liegen.
Ihr Mass bestimmt sich vornehmlich nach dem Zweck, die
genügende Ausbildung einer solchen Anzahl von Wehrfähigen
zu ermöglichen, wie sie im Falle eines Krieges dem Bedürfnisse
des Staates entspricht. Dieses Bedürfniss hängt jedoch nicht in
erster Linie von inneren Verhältnissen ab, welche sich auf längere
Zeit übersehen lassen, für dasselbe sind vielmehr vornehmlich
ausserhalb des Staates liegende Umstände massgebend; so nament-
lich die kriegerische Stärke derjenigen Staaten, mit welchen eine
kriegerische Verwicklung zu befürchten steht. Bei einer be-
deutenden Veränderung in der Stärke jener Kriegsheere wird
auch eine entsprechende Veränderung im eigenen Lande erfor-
derlich werden; ja selbst durch die politische Constellation, Allianz-
verhältnisse u. dergl. kann die Präsenzstärke beeinflusst werden
müssen.
Es ist demnach die Höhe der Friedenspräsenzziffer abhängig
von beständig wechselnden Umständen und eine verfassungs-
mässige Feststellung derselben daher dem Wesen der Ver-
fassung, als eines dauernden Grundgesetzes, widersprechend.
Die Reichsverfassung hat sich demnach richtiger Weise dar-
auf beschränkt, in Art. 60 zu bestimmen, durch welches Organ
die Friedenspräsenzstärke festgestellt werden solle. Eine solche
Bestimmung musste getroffen werden, denn dieselbe wird ge-
fordert, um mit Art. 57 und 59 das System zu bilden, auf dem
unsere Wehrverfassung beruht. Hinsichtlich des Inhalts dieser
Bestimmung war man jedoch vollkommen frei. Zwar konnten