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fassung nachzuweisen, ist schon durch die vorhergehende Dar-
stellung der Boden entzogen. Denn, wenn es sich schon nicht
beweisen lässt, dass die Feststellung durch ein Specialgesetz
erfolgen müsse, so ist es a fortiori aussichtslos, den Nachweis
führen zu wollen, dass nur ein dauerndes Specialgesetz der
Verfassung genüge.
Doch auch an sich sind die von Prruss für diese neue Be-
hauptung vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig. Nach ihm
liegt „im Wesen eines so eminent grundlegenden Organisations-
gesetzes, wie es das im Art. 60 vorgesehene ist, eines Ge-
setzes, dessen Inhalt wichtigen Verfassungsbestimmungen erst
Lebensfähigkeit gibt“, die Eigenschaft der Dauer.
Das Verhältniss des Art. 60 zu den entsprechenden Ver-
fassungsbestimmungen haben wir oben genügend beleuchtet,
ebenso glauben wir daselbst dargethan zu haben, dass in dem
Wesen der Friedenspräsenzstärke nicht das Element der Dauer,
sondern das der Veränderlichkeit das vorherrschende ist. Ein
Blick auf die bisherige Entwicklung in Deutschland gibt hierfür
auch historische Belege.
Endlich dürfte der Vergleich der Feststellung der Friedens-
präsenzstärke auf Zeit mit dem Erlassen eines Gerichtsver-
fassungsgesetzes auf Zeit nicht ganz zutreffend sein.
Das Gerichtsverfassungsgesetz ordnet ein Bedürfniss des
Staates, dessen Umfang von rein inneren, auf lange Zeit über-
sehbaren Umständen bestimmt wird; die Friedenspräsenzstärke
bestimmt sich, wie wir gezeigt, nach Gesichtspunkten, die häufig
wechseln und von äusseren, dem Staatseinflusse entzogenen Fac-
toren abhängig sind. Unter gewissen Constellationen wird die
Friedenspräsenzstärke eineHöhe erreichen müssen, die das ordent-
liche Staatsbedürfniss ebensoweit übersteigt, als sie mit den
finanziellen Kräften des Staates ausser Verhältniss steht. Dies
Alles kann bei dem Gerichtsverfassungsgesetz gewiss nicht ein-
treten.