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Regelung der Friedenspräsenz auf mehrere Jahre erfolgt ist.
Keinesfalls kann ein Zweifel darüber bestehen, dass während
dieses Zeitraums die Vorschrift des Art. 5?°°) gegenüber jedem
auf Abänderung der bestehenden Friedenspräsenzstärke abzielen-
den Gesetzesvorschlag Anwendung finden würde: ein jeder der-
artiger Vorschlag gilt als vom Bundesrath abgelehnt, sobald sich
Preussen für Aufrechterhaltung der bestehenden Friedensprä-
senzstärke ausspricht. Wesentlich verschieden hiervon ist die
Frage, ob bei der nach Ablauf des gesetzlich fixirten Zeitraums
erforderlich werdenden Neufeststellung Bundesrath und Reichs-
tag befugt sind, nach freiem Ermessen dieselbe vorzunehmen,
oder ob sie auch dann durch die Vorschrift des Art. 5? der
Reichsverfassung behindert sind.
In der Bejahung der Anwendbarkeit des Art. 5? ist aller-
dings, wie Lasann °°) richtig gegen v. Rönxe ausführt, nicht
eingeschlossen die Behauptung, dass die Präsenzziffer auf unbe-
stimmte Zeit fortzugelten habe, es würde vielmehr damit nur
gesagt sein, dass der Krone Preussen, gegenüber jeder von der
früheren Ziffer abweichenden Friedenspräsenzziffer, ein Vetorecht
zustehe, dass somit Preussen eine solche abändernde N eufest-
stellung verhindern könne. Selbstverständlich würde dies mate-
rıell ebensowohl den Reichstag wie den Bundesrath beschränken.
In der einschlägigen Literatur sprechen sich für die An-
nahme dieses Vetorechts aus Sevypeu 5°), Lasann 5°), Schurze 6°),
»6) „Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegs-
marine . gibt, wenn im Bundesrathe eine Meinungsverschiedenheit
stattfindet, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für
die Aufrechthaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.*
»7) Staatsrecht, Bd. III, S. 90. Dieselbe Verwirrung findet sich bei
Preuss a. a. O., S. 91.
58) Hırru’s Annalen 1875, S. 1413 ff. und Commentar $. 221.
569) A, a. 0.
60) Staatsrecht II, S. 280.