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gestellt, der mit dem Folgenden nicht in allen Stücken über-
einstimmt. Es wurde dies aber gar nicht bemerkt.
2. Das geltende Recht nimmt zum Ausgangspunkt, dass
die Mitglieder des kaiserlichen Hauses zur Errichtung eines
Testaments in jedem einzelnen Fall ganz allgemein der Erthei-
lung der Erlaubniss des Kaisers hiezu bedürfen; diese Erlaubniss
bezeugt auch die kaiserliche Anerkennung der Handlungsfähigkeit
des Testators (für die kein bestimmtes Alter in diesem Fall
angesetzt ist). Perfect wird die letztwillige Verfügung mit der
Entgegennahme derselben durch den Kaiser bei Lebzeiten des
Erblassers.. (Vgl. das Einzelne hierüber weiter unten.) Unter
solchen Verhältnissen wurden natürlicherweise für diese Testa-
mente die gemeinrechtlich erforderlichen Zeugenunterschriften
nicht verlangt und für das offene nicht einmal die eigenhändige
Unterschrift. — „Ueber Palais- und Erbgut kann das Testament
nur in dem Fall rechtsgültig verfügen, wenn es bei Lebzeiten
des Testators Allerhöchst bestätigt wurde; anderenfalls tritt
Intestaterbfolge ein“ (Art. 88, Anfang des Abs. 1).
3. Art. 88 unterscheidet hierbei „offenes“ und „geschlossenes“
(oder geheimes) Testament. D. h. a) das offene kann Ver-
fügungen über alles Beliebige (nicht Reichsgrundgesetzwidrige)
enthalten, wird geöffnet, dem Kaiser zur Durchsicht und end-
gültigen Bestätigung desselben, über die er frei entscheidet,
unterbreitet und wird mit der kaiserlichen Entgegennahme und dem
bezüglichen Vermerk perfect und unumstösslich (falls nicht eine
neue gültige Anordnung in derselben Weise erfolgt); es braucht
nicht eigenhändig unterschrieben zu sein. b) Das geschlossene
Testament wird ungeöffnet vom Kaiser nach dessen Ermessen
entgegengenommen, in Sr. Majestät Cabinet aufbewahrt
und bedeutet rechtlich die endgültige Anerkennung desjenigen
Inhalts im Testament, der dem Erblasser uneingeschränkt zu-
steht (oder in den anderen Gebieten besonders vom Kaiser
schriftlich gestattet wurde); d. h. das geheime Testament kann