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griff des Unfalls zu erfüllen, eine momentane, plötzliche sein,
weder jener Thatbestand, noch der Körperschaden selbst braucht
diese Eigenschaft zu haben. Der äussere Thatbestand, von
welchem die plötzliche Einwirkung ausgeht, kann ein andauernder
gewesen sein d. h. bereits längere Zeit vor dem Unfall in gleicher
Weise bestanden oder sich wiederholt haben, z. B. die Bedienung
des Schmelzofens, oder die Arbeit auf dem sonnendurchglühten
Zimmerplatz, welche plötzlich°®) einen Schlaganfall verursacht
haben, die Bearbeitung giftiger Stoffe, welche momentan in den
Körper eingedrungen sind u. a. Andererseits aber ist bereits
oben bemerkt worden, dass auch der Körperschaden nicht immer
ein im Moment des Unfalls vollendeter ist, dass der Tod sich
durch lange Krankheit vorbereiten oder dıe Krankheit sich aus der
schädlichen Einwirkung langsam entwickeln kann°?), ohne dass
dadurch der Begriff des Unfalls beseitigt würde °®).
V. Eine fernere nothwendige Eigenschaft der als „Unfall“
zu bezeichnenden körperschädigenden Einwirkung ist eine nega-
tive, nämlich die, dass sie von demjenigen, der sie erleidet, nicht
absichtlich herbeigeführt worden ist. Schon der Sprachgebrauch
des gewöhnlichen Lebens enthält sich zwar nicht, von einem
Unfall zu reden, wenn Tod oder Körperverletzung eines Menschen
durch dessen Leichtsinn herbeigeführt worden ist, aber Selbst-
mord oder Selbstverstümmelung fallen zweifellos aus dem Begriff
569) D. h. — um allzu scharfen medicinischen Bedenken vorzubeu-
gen — im Gegensatz zur Gewerbskrankheit in einem, wie oben definirt,
verhältnissmässig kurzen Zeitraume.
57) Vgl. auch Ecker, S. 67: „Wohl aber fallen unter das Gesetz Be-
schädigungen in Folge von aussergewöhnlichen Erschütterungen, wenn
dieselben auch erst allmälig und nach geraumer Zeit ihre nachtheilige Wir-
kung auf den Körper äussern.“ Enpemann, $. 41. Ebenso Arb.Vg. IV,
S. 247 und v. WöntkEe, Commentar zum Unf.G., S. 104.
#8) Andererseits beweist der Umstand, dass ein Arbeiter durch plötz-
lich hervortretende Beschwerden die geschehene Einwirkung bemerkt,
noch nichts für die Plötzlichkeit der letzteren selbst. Arb.Vg. IV, S. 180
oben.
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