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wird, wie ich glaube, durch eine Reihe gesetzlicher Vorschriften
selbst vollendet. Den directesten Anhalt bietet der $ 1, Abs. 7
Unf.G., welcher ein durch sämmtliche Vorstadien des Gesetzes
festgehaltenes Princip erkennen lässt??). Hier ist nämlich dem
Bundesrath die Ermächtigung ertheilt, für solche unter die all-
gemeine Vorschrift des $ 1 fallende Betriebsarten, welche mit
Unfallgefahr für die darin beschäftigten Personen nicht verknüpft
sind, durch Beschluss die Versicherungspflicht auszuschliessen °°),
indem man davon ausging, dass „die Heranziehung solcher Be-
triebe zur Unfallversicherung, selbst wenn sie der niedrigsten Ge-
fahrenklasse zugewiesen würden, eine Unbilligkeit gegen die
Unternehmer und eine überflüssige Belästigung derselben mit sich
bringen würde“ °*). Wenn aber, nach Abzug der einem Betriebe
eigenen Unfallgefahr, Unfälle, welche in den Rahmen der Ver-
sicherung gehören, nach der Auffassung des Gesetzes überhaupt
nicht mehr übrig bleiben, so ist damit bewiesen, dass eben nur
die Gefährlichkeit des Betriebes die Basis bildet, aus welcher
versicherungsmässige Unfälle erwachsen. Im Zusammenhalt mit
dieser Bestimmung erhalten dann weitere gesetzliche Vorschriften
ihre zwingende Bedeutung. Nach $ 16, Abs. 1 landw. G. darf
die Landesgesetzgebung, das Statut oder ein Beschluss der Ge-
nossenschaftsversammlung bestimmen, dass Unternehmer solcher
Betriebe, welche mit erheblicher Unfallgefahr nicht verbunden
2?) Die Bestimmung ist bereits im 1. Entw. von 1881 (Note 90),
8. 222 als $ ], Abs. 4 in der Beschränkung auf ungefährliche Fabriken
enthalten. — Die Bedeutung von $ 1, Abs. 7 Unf.G. für das „Kriterium
der Gefährlichkeit“ ist bereits von Enpemann, Haftpflichtgesetz $. 67 richtig
erkannt. Wie Manprr $. 433 die Bestimmung als Gegenbeweis gelten
lassen will, ist mir unverständlich geblieben.
2) Vgl. auch $ 90a Unf.G. — Dass der Bundesrath bisher von dieser
seiner Vollmacht noch keinen Gebrauch gemacht hat, steht den im Text
aus der Ertheilung der Ermächtigung gezogenen Schlussfolgerungen selbst-
verständlich nicht entgegen. v. WönpTke, Commentar zum Unf.G. $. 92.
94) Mot. zum Unf.G. (Note 66), $. 70.