— 511 —
Bundesrathe die Einstimmigkeit der Regirungen herbeizuführen, 1878
die dem Reichstage gegenüber unentbehrlich ist, wenn er in 22.2.
Schranken bleiben soll. Mein Vater hält unentwegt an dem
Gedanken fest, daß nur in dem föderativen Bande des Reichs-
vertrages die sichre Grundlage der Einheit gegeben ist, weil
nur auf diesem Boden die dynastischen und Stammesinteressen
ihre Vermittlung mit der Einheit nach außen finden, ohne
welche wir einheitlichen Nachbarvölkern nicht gewachsen sind.
Seine Ansichten über die Entwickelung des Reiches sind und
bleiben dieselben, die er Seiner Majestät während des letzten
Sommers von Kissingen aus dargelegt hat?). Die ganze Stell-
vertretungsvorlage hat mit Reichsministerien auf eigne Ver-
antwortung gar keinen Zusammenhang. Die Rechte des
Bundesrathes bleiben unberührt, mögen die Befugnisse des
Kanzlers übertragbar sein oder nicht, seine Vertreter können
niemals mehr Rechte haben als der Kanzler allein bis-
her hat.
Es ist in den Zeitungen sehr viel gefabelt worden über
Plänc, die Niemand hat und die nach der Reichsverfassung
nicht möglich sind. Mein Vater verlangt weiter nichts als die
Möglichkeit vertreten zu werden und Urlaub zu haben, resp.
Erleichterung im laufenden Geschäft.
Verfassungsänderung und Schmälerung der Rechte des
Bundesrathes sind nicht möglich, und wenn sie möglich wären,
würde mein Vater sich der Ausführung dieser unreifen Idee,
welche die ganze Verwaltungsmaschine des Reiches und der
Einzelstaaten in feindlichen Gegensatz oder zum Siillstand
bringen müßte, immer auf das Entschiedenste widersetzen. In
allen Aktenstücken ist immer nur das ausgesprochen, daß die
Möglichkeit der Stellvertretung für den Reichskanzler eine
Nothwendigkeit wäre.
*) S. Gedanken und Erinnerungen 1, 361f.