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An den Hauptprincipien der Entwürfe der I. Conferenz, insbe-
sondere in Betreff der obligatorischen Transportpflicht und Zwangs-
gemeinschaft, der Beschränkung der Vertragsfreiheit, sowie der Normen
für die Voraussetzungen der Haftpflicht und für den Umfang des
Schadensersatzes hielt man im Wesentlichen fest. Auch die für das
Rückgriffsrecht in der I. Conferenz angenommenen Grundsätze erfuhren
eine irgend erhebliche Aenderung nicht.
Abgesehen von zahlreichen Modificationen im Einzelnen erstreckte
sich vielmehr die principielle Aenderung vornehmlich auf eine Be-
schränkung des Geltungsgebietes, indem angenommen wurde,
dass das Uebereinkommen nicht für sämmtliche den Vertrags-
staaten angehörenden Bahnen uneingeschränkt gelten solle, sondern nur
für diejenigen, welche zu diesem Zwecke von jedem der Staaten als
zur Ausführung internationaler Transporte geeignet bezeichnet wer-
den ?°). (Es geschah dies vornehmlich mit Rücksicht auf die Secundär-
bahnen.)
Neben dieser Beschränkung des Geltungsgebietes erfuhr ferner
das Dispositionsrecht des Absenders insofern eine wesentlichere
Modification, als es nicht mehr, wie nach dem in der I. Conferenz
vollständig adoptirten Prineipe der Art. 402, 405 des H.G.B., ohne
jede weitere Legitimation uneingeschränkt bis zur Uebergabe des
Frachtbriefs an den Empfänger (bezw. Klage darauf) besteht, sondern
von dem Besitze eines — obligatorisch vorgeschriebenen — Fracht-
briefduplicats abhängig gemacht ist und die Eisenbahn, wenn sie die
Anweisungen des Absenders befolgt hat, ohne die Vorzeigung des
Duplicatfrachtbriefs zu verlangen, dem Berechtigten haftbar ist. Auch
soll zur gerichtlichen Geltendmachung der Vertragsrechte nur der-
jenige befugt sein, welchem das Verfügungsrecht über das Frachtgut
zusteht‘). Damit wurde zur Sicherung des Empfängers einem leb-
haften Wunsche des Handelsstandes: entgegengekommen.
Sodann wurden in Betreff der Bemessung des Schadens-
ersatzes nach zwei Richtungen hin principielle Aenderungen vorge-
nommen. Einerseits trat an die Stelle des gemeinen Handelswerthes
(bezw. gemeinen Werthes) des Ablieferungsortes der gemeine
Handelswerth ete. des Versandtortes?°). Andererseits wurde für
28) II. Entwurf, Art. 1.
24) II. Entwurf, Art. 26.
35) ]I. Entwurf, Art. 34.