Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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St. wegen seines körperlichen Leidens durchaus nicht voraussetzen 
konnte, ohne Weiteres wieder einen neuen Dienst zu erhalten, und 
deshalb bei seiner Mutter in Braunsberg vorläufig ein Unterkommen 
suchen musste. 
Der Kläger hat diese Ausführungen des ersten Urtheils nicht 
angefochten, seine Berufung gegen die abweisende Entscheidung viel- 
mehr damit begründet, dass der erste Richter den $ 11, Abs. 3 des 
Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 verletzt habe. — Der 11. November 
sei — wie auch Beklagter zugestanden hat — der übliche Umzugs- 
termin für ländliches Gesinde; zwischen dem 11. November und dem 
Tage des thatsächlich erfolgten Zuziehens des St. bei dem Besitzer 
W. (18. November) lägen nicht mehr als sieben Tage; der Zuzug sei 
daher als am 11. November 1885 erfolgt und der Aufenthalt des St. 
in Stangendorf demgemäss als nicht unterbrochen anzusehen. 
Diese Ansicht wurde von dem Bundesamt in dem Urtheil vom 
19. März 1887 reprobirt. 
„Der $ 11, Abs. 3 und der ihm entsprechende $ 23, Abs. 3 
a. a. O. handeln nach ihrem Wortlaut nur von dem Anfange des 
Aufenthalts und dem Anfange der Abwesenheit. Für diesen Zeit- 
punkt stellen sie aus praktischen Gründen, und um den oft sehr 
complicirten Beweis abzuschneiden, ob der thatsächliche Beginn des 
Aufenthalts, beziehungsweise der Abwesenheit mit dem regelmässigen 
Umzugstermine zusammengefallen ist, eine jeden Gegenbeweis aus- 
schliessende Vermuthung für den üblichen Umzugstermin auf. Eine 
Ausdehnung dieser Präsumtion auf den Fall, wo nach Beginn des 
Fristenlaufs eine Unterbrechung des Aufenthalts, beziehungsweise der 
Abwesenheit stattgefunden hat, wird weder durch den Wortlaut der 
gesetzlichen Vorschrift begründet, noch kann anerkannt werden, dass 
die Natur der Sache eine solche Ausdehnung rechtfertige. Bei der Be- 
rechnung des Laufes der Erwerbs- und Verlustfrist ist die Feststellung 
eines bestimmten Kalendertages für den Beginn desselben von wesent- 
licher Bedeutung, während für eine in den Lauf der Frist fallende 
Entfernung von dem Aufenthaltsorte oder die Rückkehr nach dem- 
selben die Bestimmung eines solchen Tages unerheblich erscheint, da 
bei der Beurtheilung, ob eine Entfernung, beziehungsweise Rückkehr 
als Unterbrechung des Aufenthalts oder der Abwesenheit anzusehen 
ist (88 13, 25 a. a. O.), weder der Zeitpunkt derselben innerhalb der 
zweijährigen Frist in Betracht kommt, noch die Zeitdauer für sich 
allein entscheidend ist.“
	        
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