— 3998 —
Der Zusammenhang der Vorschriften über den selbständigen Er-
werb und Verlust des Unterstützungswohnsitzes lassen keinen Zweifel,
dass sowohl der Beginn und die Beibehaltung des Aufenthalts an
einem Orte, als die Entfernung von demselben und deren Dauer als
Willenshandlungen der in Bezug auf den Erwerb und Verlust
des Unterstützungswohnsitzes selbständigen über 24 Jahre alten Per-
sonen gedacht sind (vergl. 88 13, 25 a. a.O.). Aufenthalt und Ab-
wesenheit können daher nur dann die mit ihnen nach 8$ 10 und 22
a. a. O. verbundenen rechtlichen Wirkungen haben, wenn sie auf freie
Handlungen willensfähiger Personen zurückzuführen sind (88 1 und 3,
1.3; $S$2 und 3, I. 4 des Allgemeinen Landrechts). Es liegt, wie die
Motive zu $ 12 des Reichsgesetzes sagen, ‚in der Natur der Sache,
dass der den Erwerb des Unterstützungswohnsitzes begründende Auf-
enthalt auf freiem Willen beruhen muss‘. Das Gleiche muss von
der Abwesenheit, wenn sie den Verlust des Unterstützungswohnsitzes
bewirken soll, gelten, und es kann dahingestellt bleiben, ob die Fassung
des $ 24, Abs. 1 diesen in der Natur der Sache begründeten Satz
in entsprechender Weise zum Ausdruck gebracht hat oder nicht.
Jedenfalls steht sie seiner Anwendung nicht direct entgegen.“
3. Zu SS 14, 27, Abs. 1: U.W.G.
Die „Gewährung“ einer öffentlichen Unterstützung im
Sinne der $$ 14, 27, Abs. 1, erfordert nicht unter allen
Umständen die thatsächliche Leistung derselben.
Der Arbeiter C. verzog am 2. October 1883 von Neudamm, wo
er Unterstützungswohnsitz besass, nach Damm. Dort wurde er Anfang
September 1885 hülfsbedürftig und suchte beim Magistrate um Armen-
unterstützung nach. Es wurde ihm eine solche in Höhe von 5 M.
monatlich bewilligt, und C. davon am 15. September benachrichtigt.
Er erhob die erste Unterstützung jedoch erst am 2. October 1885,
wo die zweijährige Abwesenheitsfrist bereits vollendet war, in der
Meinung, dass erst an diesem Tage die Auszahlung erfolgen würde.
Der erste Richter nahm an, dass die Unterstützung als bereits
am 15. September erfolgt anzusehen sei, und verurtheilte Neudamm
zur Erstattung der bis zur Klagvorstellung von Damm verausgabten
Monatsunterstützungen.
Gegen dieses Urtheil legte Neudamm Berufung ein und führte aus: