Die Collision der Armenfürsorgerechte in
Deutschland.
Mit Rücksicht auf die Verträge von Gotha und Eisenach und das
Freizügigkeitsgesetz
erörtert von
Amtsrichter a. D. Tovssıtz,
Magistrats-Assessor in Berlin.
(Schluss.)
Besonderes Interesse könnte die Streitfrage in Anspruch nehmen,
ob, wenn bei der Abänderung eines in die Sphäre der Gesetzgebung
fallenden Sonderrechtes der Bevollmächtigte einer durch die einzel-
staatliche Volksvertretung genehmigten Instruction entbehrte, die
von dem Bevollmächtigten im Bundesrathe abgegebene zustimmende
Erklärung des verzichtenden Staates nichtig ist, oder ob der einzel-
staatlichen Volksvertretung dann nur die Möglichkeit bleibt, den be-
theiligten Minister nach Massgabe der Landesgesetze zur Verantwor-
tung zu ziehen'?). Eine praktische Bedeutung läst sich indess dieser
Controverse im vorliegenden Falle kaum beimessen. Selbst abgesehen
davon, dass nach Art. 17 R.V. das Recht der Prüfung der Verfassungs-
mässigkeit eines Reichsgesetzes allein dem Kaiser zusteht und durch
die kaiserliche Ausfertigung das verfassungsmässige Zustandekommen
unanfechtbar verbürgt wird '*), hat gerade bei der Berathung der
Verfassungsverträge in der bayrischen Kammer der Abgeordneten ein
12) Zorn, Das Staatsrecht des deutschen Reichs I, $. 88 ff., 96.
14) Lapann, Das Staatsrecht des deutschen Reichs II, S. 43 ff. und in
Marguarnsen’s, Handbuch I, 1, S. 77.