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dem Deutschen des U.W.G. der vorschriftsmässige Aufenthalt gemäss
Art. 6 und 7 bayr. Heimath-Ges. erst den Anspruch auf Verleihung
der Heimath durch die Gemeinde. Nebensächlicher ist es in legis-
latorischer Beziehung, wenn durch Art. 9 eod. die Wirksamkeit der
Verleihung noch an den Erwerb der bayrischen Staatsangehörigkeit
geknüpft ist. Dieses Erforderniss steht und fällt mit dem Recht der
Gemeinde, die Heimath nach Belieben zu verleihen. Stünde diese
Befugniss der Gemeinde nicht zu, so könnte der deutsche Nichtbayer
den dann nur noch durch vorschriftsmässigen Aufenthalt bedingten
Erwerb der Heimath gemäss 88 2 und 11, Abs. 2 Fr.G. auf Grund
seiner Reichsangehörigkeit in Anspruch nehmen. Andererseits ist
zwar auch die Möglichkeit gegeben, dass ein deutscher Nichtbayer
gemäss $ 7 R.G. über den Erwerb und Verlust der Bundes- und
Staatsangehörigkeit als Heimathloser die bayrische Staatsangehörig-
keit erwerben kann und dieser Rechtszustand ist von bayrischer Seite
als eine solche Durchlöcherung der Wechselbeziehungen zwischen
Indigenat und Heimath angesehen worden, dass ihm die Einführung
des Unterstützungswohnsitzes in Bayern vorzuziehen gewesen wäre?”).
Indess ist auch bei jener Möglichkeit das finanzielle Interesse der Ge-
meinden hinreichend gewahrt. Die Vorschrift des $ 7 R.G. vom
1. Juni 1870 setzt in der Person des in einem anderen Bundesstaat
die Aufnahme nachsuchenden Deutschen voraus, dass kein Grund vor-
liegt, welcher seine Ausweisung nach dem Fr.G. rechtfertigen würde
und gibt deshalb zu einer Prüfung seiner Vermögensverhältnisse An-
lass. Der die Aufnahme in den bayrischen Staatsverband Nachsuchende
hat gemäss Ziff. 4° der zum R.G. vom 1. Juni 1870 ergangenen bay-
rischen Ministerial-Entschliessung vom 9. Mai 1871 ein Zeugniss der
Gemeindeverwaltung des Niederlassungsortes darüber beizubringen,
dass dieselbe von dem ihr in $$ 4 und 5 Fr.G. eingeräumten Ab-
weisungsrecht keinen Gebrauch machen könne oder wolle.
In nicht minder ungünstigem Verhältniss wie zu Bayern steht
das Rechtsgebiet des Unterstützungswohnsitzes zu Elsass-Lothringen.
Bei der Einführung des Fr.G. in Elsass-Lothringen durch das R.G.
vom 8. Januar 1873 ist der Gothaer Vertrag unter Fortlassung der
Kündigungsklausel publieirt worden. Auch die Eisenacher Ueberein-
kunftist durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 16. Februar 1874
auf Elsass-Lothringen ausgedehnt worden. Das Armenfürsorgerecht
27) LuTuarDrt in den Blättern für administrative Praxis, Bd. XXI, S. 140.