Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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auszuweisenden Hülfsbedürftigen entsprechenden Weise geübt wird, 
eine Aufgabe, welcher im Geltungsbereiche des U.W.G. das Bundes- 
amt für das Heimathwesen in anerkennenswerther Weise gerecht ge- 
worden ist ?’). Der hier in interterritorialer Beziehung vorhandene 
Mangel eines Gerichtshofes führt dazu, den gegenwärtigen Rechts- 
zustand zum Nachtheil des Auszuweisenden zu ignoriren. Die nach 
den Erörterungen sub I a. E. bei allen Ausweisungen Hülfsbedürf- 
tiger durchgreifende Voraussetzung der dauernden Hülfsbedürftigkeit 
wird gegenüber der ursprünglich in der Eisenacher Uebereinkunft 
dem Aufenthaltsstaate gegebenen Berechtigung, die Abnahme auf 
Grund von Erkrankung hülfsbedürftig Gewordener zu verlangen, so- 
bald sie reisefähig sind, in der Praxis übersehen; statt dessen wird 
die Ausweisung lediglich auf das dehnbare Kriterium der Transport- 
fähigkeit gestellt, mit deren nur von der Seite des Aufenthaltstaates 
erfolgter formaler Constatirung nach der Auffassung der Praxis die 
Uebernahmepflicht entsteht. In einem bayrischen Commentare heisst 
es mit völliger Ignorirung des $ 5 Fr.G.: 
„Die Eisenacher Uebereinkunft hat es mit solchen Hülfs- 
29) Die in MÜnsTERBERG’S „Die deutsche Armengesetzgebung und das 
Material zu ihrer Reform“, $ 191 aus der reichen Praxis des Bundesamts 
zum Beweise grosser Härten beliebte Zusammenstellung dreier Ausweisungs- 
fälle steht bezüglich der zwei ersten Fälle wenig im Einklang mit der 
neuerdings in ScHMoLLER's Jahrbüchern ]. c., $. 360 entwickelten Ansicht 
desselben Schriftstellers, dass es für dauernd Hülfsbedürftige gleichgültig 
sei, wo sie sich aufhalten. In dem dritten jener Fälle wird völlig über- 
sehen, dass es kein unbilliges Verlangen ist, dass eine arbeitsfähige Mutter 
ein Kind ernähren soll und dass, sie in der Lage ist, ihrer Ausweisung 
vorzubeugen, sobaldfsie dieser Pflicht nach Kräften nachkommt. Derartige 
in der Literatur auftauchende Klagen über angebliche Härten der herr- 
schenden Grundsätze des Ausweisungsverfahrens entsprechen dem gelten- 
den Rechtszustande in Preussen wenigstens durchaus nicht. Es ist bereits 
seit den sechziger Jahren preussische Verwaltungspraxis, das Ausweisungs- 
verfahren zu sistiren, wenn der Auszuweisende auf weitere Unterstützungen 
verzichtet und die dauernde Hülfsbedürftigkeit nicht zweifellos objectiv 
feststeht. Ferner ist nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, 
Bd. VII, S. 364 dem Auszuweisenden noch gegen die polizeiliche Aus- 
weisungsverfügung eine Klage bei den ordentlichen Verwaltungsgerichten 
gegeben. Die thatsächliche Durchführung der Ausweisung hängt also in 
der Regel von dem eigenen Verhalten des Auszuweisenden ab.
	        
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