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matischer und auf Universitäten höchst nöthiger Einsicht abzuhalten
und doch in specialibus nur Stückwerk zu erlangen. Indessen könne
niohtsdestoweniger gar wohl damit bestehen, dass unter der Hand
bisweilen eine Nebenarbeit und Abhandlung einer speciellen Materie
dazwischen vorgenommen werde, wenn nur nicht zu jener Haupt-
absicht die Zeit zu viel benommen wird.“
MünchHausen legte dieses Schreiben dem Justizrath G. D. SrRuBE
und dem Archivar Cnrist. Lupw. Scheint zur Begutachtung vor. Der
letztere erklärte in seinem Gutachten, dass nach seiner Meinung es
der studirenden Jugend auf Universitäten vortheilhafter wäre, wenn
sich die Herren Professores nicht mit allzu vielen Collegiis überhäuften
und sich dabei begnügen liessen, dass ein jeder täglich drei Stun-
den aufs Dociren verwenden wollte. „Denn auf solche Weise würde
es geschehen, dass man in einer Stunde mehr Realia in einem Collegio
vortragen könnte, als oft jetzo kaum in zehn und mehreren geschiehet,
da man sich entweder aus Ambition oder Gewinnstsucht oder einem
andern Trieb, was es auch vor einer sein mag, persuadiren lässet,
täglich fünf bis sechs Stunden zu lesen.“ Was aber die Collegia selbst
anlangt, so hält er ein „gutes praktisches Collegium über den LAuTer-
BACH“ für empfehlenswerth. „Denn so ein grosser Verehrer ich von
demjenigen bin, was ad jus Germanicum und dessen mehrere Cultur
beigetragen werden kann, so wenig kann ich noch zur Zeit mich be-
reden, dass man selbiges auf den Academien ausser der Verknüpfung
mit denen römischen Rechten dociren soll. Denn da unser
ganzes Wissen auf Praxin gehen muss, so frage man nur Leute, welche
20 Jahre und länger in Collegiis et Dicasteriis gesessen sind, wovon
sie den meisten Nutzen bei ihrer Praxi haben können, so wird sich’s
bald äussern, dass man in unzählig vielen Fällen mit dem kleinen
Srtruv und LAUTERBACH weiter komme, als alle unsere bisherige Herrn
Doctores juris Germanici. Da es aber gleichwohl eine Schande ist,
jus civitatis suae ignorare und die alten teutschen Gesetze und Ge-
bräuche nicht allein ihre grosse Anmuth, sondern auch ihren wahr-
haften Nutzen in der heutigen Verfassung unserer bürgerlichen Ge-
sellschaften haben , so rathe ich immer zur Verknüpfung beider Rechten.“
Für die Förderung der Kenntniss des deutschen Rechts hält er aber
monographische Bearbeitungen einzelner Lehren für weit nützlicher
als die Ausarbeitung eines ganz neuen Compendium oder Systema.
Er sieht es überhaupt als ein grosses Hinderniss der Gelehrsamkeit
an, dass ein jeder Docens sein eigenes Manuale schreiben will; denn