Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

— 433 — 
mittel dagegen zusteht, ja selbst ohne dass ihnen Gründe angegeben 
zu werden brauchen. 
Seit der Gerichtsreorganisation des Jahres 1849 fällt sodann die 
Unterscheidung des höheren und niederen Justizdienstes fort; für alle 
richterlichen Stellungen, auch an den Untergerichten, sowie für die 
Staatsanwaltschaft und Advocatur ist fortan die Absolvirung des 
ganzen Referendariats und die Ablegung des Assessorexamens Vor- 
bedingung. Dadurch stieg die Zahl der völlig abhängigen Referen- 
dare und unversorgten Assessoren in gewaltiger Progression. „Seither 
lag es nahe und ist wirklich eingetreten, dass mit dieser Beseitigung 
der Qualificationsunterschiede zwischen höherem und niederem Justiz- 
dienst die ja immer überwiegende Schaar von Aspiranten mittelmäs- 
siger Begabung oder geringeren Strebens, für welche bisher eine auch 
unvollkommene wissenschaftliche Ausbildung wirklich oder anschei- 
nend ausgereicht hatte, und welche nunmehr, wie Häıschner richtig 
bemerkt, mit grosser Mühe und Noth durch drei Examina hindurch 
filtrirt wurden, das allgemeine Niveau dieser Ausbildung bestimmte, 
während doch eben diese Männer allmählich auch in die höheren 
Stellen vorrückten“ (S. 198). Gleichzeitig wurde die Zeit der Aus- 
cultatur auf 1’; Jahre, die Zeit des Referendariats auf 2'/ Jahre 
festgesetzt, die Vorbereitungszeit mit Einschluss des Universitätsstu- 
diums also auf sieben Jahre fixirt. 
Die beiden ersten Prüfungen (Auscultatoren und Referendare) 
wurden von zwei Räthen des Appellationsgerichts unter Vorsitz eines 
der Präsidenten desselben vorgenommen. Vorübergehend wurde im 
Jahre 1864 die Einrichtung des Examens verbessert; Examenscom- 
missionen wurden nur an sechs Appellationsgerichten gebildet und 
zwar aus fünf Mitgliedern, nämlich aus dem Präsidenten des Gerichts- 
hofes, zwei richterlichen Beamten und zwei Universitätslehrern. 
Seit Einführung der neuen Processordnung ist nun auch die dritte 
Voraussetzung, auf welcher die ursprüngliche Bedeutung des Referen- 
dariats beruhte, hinweggefallen. Das neue auf Mündlichkeit beruhende 
Verfahren bietet in viel geringerem Grade als das frühere Akten- 
verfahren die Möglichkeit zur praktischen Ausbildung der Referen- 
dare; die umfangreiche processleitende Decretur, die Relationen und 
motivirten Urtheilsentwürfe haben in dem jetzigen Civilprocess keinen 
Raum mehr. Dessenungeachtet ist die Minimaldauer von 4 Jahren 
für das Referendariat beibehalten worden, dagegen die dreijährige 
Studienzeit auf der Universität ungeachtet der grossen Erweiterung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.