Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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allgemeinen Auslieferungsverbindlichkeit dem Zwecke des Instituts 
nur entsprechen und einen erheblichen Fortschritt bedeuten. Eine 
Abhängigkeit von der künftigen auswärtigen Strafgesetzgebung wäre 
damit nicht gegeben, sofern der Vertrag, wie natürlich, die gegen- 
wärtige Gesetzgebung beider Staaten zur Grundlage nähme. — Aus 
dem übrigen Inhalt des Abschnitts sei nur auf die eingehende Er- 
örterung darüber hingewiesen, ob ein Staat, der sich einem anderen 
gegenüber zur Auslieferung wegen bestimmter Verbrechensarten 
verpflichtet hat, berechtigt bleibt, an denselben Staat auch noch 
die Thäter anderer, im Vertrage nicht bezeichneter Delikte auszu- 
liefern. Von Staaten abgesehen, wo diese Frage sich nach den Aus- 
lieferungsgesetzen beantwortet, will der Verfasser unterscheiden zwi- 
schen Staaten, die sich vertragsmässig — mit Rücksicht auf die 
Kosten — nur zur Auslieferung „wegen 5 oder 6 der allerschwersten 
Delikte“ verpflichtet haben, wie meistens die transatlantischen Staaten, 
und denjenigen, deren Verträge alle einigermassen erhebliche straf- 
bare Handlungen umfassen und bestimmte Delikte weniger wegen 
ihrer geringen Wichtigkeit als vielmehr wegen ihrer politischen Be- 
deutung (im weitesten Sinne) weglassen. Bei Staaten der ersten Art 
wird obige Frage bejaht, bei denen der letzteren verneint, weil die 
ungleiche Behandlung der einzelnen Fälle sonst als eine Kritik der 
auswärtigen Rechtspflege erscheine. Der Verfasser hebt selbst her- 
vor, dass der Verfolgte aus dem begrenzten Inhalte des Vertrags ein 
subjektives Asylrecht nicht ableiten könne, und dass aus der Be- 
schränkung der Pflicht eine solche des Rechts nicht abgeleitet werden 
dürfe. Hieraus ergibt sich aber, dass die Frage, so wie sie gestellt 
wird, allgemein zu bejahen ist; auch constitutionelle Bedenken dürften 
nicht entgegenstehen, da die Ueberschreitung der Vertragsgrenzen 
im einzelnen Fall und selbst ein bezügliches jederzeit kündbares Ver- 
waltungsabkommen die Vertragsrechte nicht verändern können. Vom 
Zweckmässigkeitsstandpunkte aus ist eine allgemeine Regel kaum 
zu geben; der Entwicklung des Auslieferungsinstituts aber wird es 
im Allgemeinen förderlich sein, die Vertragsgrenzen nicht zu ängstlich 
zu beobachten, 
Der zweite, den politischen Delikten gewidmete Abschnitt, 
einer der lehrreichsten des Werkes, zeigt an der geschichtlichen Ent- 
wicklung des Grundsatzes der Nichtauslieferung politischer Verbrecher, 
wie erst die Beschränkung der Auslieferung auf gemeine Delikte die 
Ausbildung dieses Instituts ermöglicht hat, indem sie die Gefahr be- 
Archiv für öffentliches Recht. III. 2. 3. 30
	        
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