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Dr. Eduard Rosenthal, a. o. Professor an der Universität Jena,
Die Behördenorganisation Kaiser Ferdinands I. Das
Vorbild der Verwaltungsorganisation in den deutschen Terri-
torien. Ein Beitrag zur Geschichte des Verwaltungsreehts.
Wien 1887. In Commission bei Carı GeRoLD’s Sohn. 266 8.
Auf dem Gebiete der Geschichte des österreichischen Verwaltungs-
rechts hat sich die literarische Thätigkeit in neuester Zeit recht
erfreulich entwickelt. Es sind hier namentlich die Arbeiten von
Bivermann über die Geschichte der landesfürstlichen Behörden in und
für Tirol, von Luschin von EBENGREUTH über die Geschichte des älteren
Gerichtswesens in Oesterreich ob und unter der Enns und von ÄDLER
über die Organisation der Oentralverwaltung unter MaxımıLıan I. her-
vorzuheben. Bereits bei Besprechung des Anter’schen Buches (Archiv
für öffentl. Recht, Bd. I, S. 604 fi.) ist die weitgehende Bedeutung
der österreichischen Verwaltungsgeschichte gegen Ende des 15. und
Anfang des 16. Jahrhunderts als des ersten Versuchs, in Deutschland
den ständischen Patrimonialstaat durch neue, den Bedürfnissen eines
modernen Grossstaates entsprechende Bildungen zu ersetzen, gewür-
digt worden. Die Behördenorganisationen Maxmırsans I. waren doch
aber immer nur die ersten Versuche, im Gegensatze zu den Ständen
eine bureaukratische Verwaltungsordnung herzustellen, und am Ende
seiner Regierung war das ganze Verwaltungswerk durch den ständi-
schen Widerstand in seiner Existenz gefährdet. Im Gegensatze zu
diesen gleichsam experimentirenden Schöpfungen hat dagegen Maxr-
MILIANS Nachfolger in den österreichischen Landen, der König und
spätere Kaiser Frroınann I., auf den Vorarbeiten MaAxımıLtans weiter-
bauend, die dauernden Grundlagen für die Behördenorganisation
Oesterreichs und zum Theil auch des Reiches gelegt. Die Bedeutung
dieser Neubildungen beschränkt sich jedoch nicht auf Oesterreich, sie
wurden, da sie ein allgemeines politisches Bedürfniss befriedigten, in
vielen süd- und westdeutschen Territorien nachgeahmt. Die Verwal-
tungsorganisation Oesterreichs unter Ferdinand I. ist daher vom
grössten Interesse für die Entwicklung des deutschen Verwaltungs-
rechts überhaupt.
Die hier vorliegende Schrift bildet’ gleichsam die Fortsetzung der
Aprer’schen. Sie stellt in zwei Haupttheilen die Centralbehörden und
die Provinzialbehörden dar und gibt ausserdem in den Beilagen meh-
rere werthvolle, bisher ungedruckte Urkunden. Ein Vergleich mit
ihrer jüngsten Vorgängerin, der Arbeit von Apter, liegt unter diesen