Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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Hofe lebenden Räthe zu förmlichen Collegien mit fester Zuständigkeit 
organisirte und dadurch seine eigene persönliche Regierung beschränkte. 
Wenn, nun der Hofrath und andere Centralbehörden in Oesterreich 
bereits bestanden, und nunmehr für die wichtigsten Angelegenheiten, 
die der Fürst bisher persönlich mit einigen Vertrauten erledigt hat, 
eine besondere, den anderen Collegien vorgesetzte Behörde gebildet 
wird, so kann dieselbe nicht aus dem Hofrathe hervorgegangen sein. 
Die Ansicht des Verf. beruht auf der irrigen Auffassung, als wäre 
mit der Organisation der Räthe am Hof zu einem Collegium die 
Organisationsgewalt des Fürsten bereits erschöpft. Derselbe behält 
jedoch trotzdem die Oberaufsicht und Leitung und kann für Aus- 
übung dieser seiner Rechte immer neue Behörden schaffen. Eine Be- 
hörde, welche die Aufsicht über eine andere ausübt, kann deshalb 
niemals aus dieser selbst, sondern nur aus der persönlichen Regierung 
des Landesherrn hervorgehen. 
Wie weiterhin S. 43 der Verf. unter Verweisung auf den bran- 
denburgischen Geh. Rath behaupten kann, in allen grösseren Staaten 
sei während des 16. und 17. Jahrhunderts die hierarchische Gliederung 
des Behördensystems gekrönt worden durch den Geh. Rath als höchste 
Centralstelle, ist nicht recht erfindlich. Im Gegensatze zu England, 
wo jede Verwaltungsreform von unten herauf in den Communitates 
beginnt, nehmen auf dem Continente alle Reformen, unter anderen 
auch die Ersetzung des ständischen Systems durch das berufsmässige 
Beamtenthum, in der Centralstelle ihren Anfang und gewinnen erst 
allmählich nach unten eine breitere Basis. Die Begründung eines 
Geh. Raths, weit davon entfernt, die Krönung des hierarchischen Be- 
hördensystems zu sein, ist im Gegentheil einer der ersten Schritte 
zur Herstellung eines solchen. Speciell die Errichtung des branden- 
burgischen Geh. Raths im Jahre 1604 ist die allererste Bresche in 
das ständische System, der sich unter dem grossen Kurfürsten die 
weiteren Reformen anschliessen. 
S. 52 ff. widmet der Verf. mehrere Seiten der angeblichen Re- 
ception französischer Verwaltungseinrichtungen in Deutschland wäh- 
rend des 16. und 17. Jahrhunderts, die er in Parallele stellt mit der 
Reception des römischen Rechts auf dem Gebiete des Privatrechts. 
Schon bei Besprechung der Anrer’schen Schrift hatte Ref. darauf auf- 
merksam gemacht, dass für eine derartige Reception alle socialen 
und wirthschaftlichen Voraussetzungen fehlten. Das Recht als die 
blosse Form menschlicher Lebensverhältnisse kann aber niemals
	        
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