Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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den Oberbefehl des Kaisers, durch die Gleichmässigkeit der Ein- 
richtungen und durch die Gemeinsamkeit der Kosten und Lasten, 
ist sie also das praktische Resultat einer unter den Üon- 
tingenten der Einzelstaaten hergestellten Uebereinstimmung und 
Verknüpfung, oder ist die Einheitlichkeit eine innere Einheit, 
in welcher die Sonderexistenz der Contingente der Einzelstaaten 
untergegangen ist, so dass die Contingente nur als Abtheilungen 
(les Heeres für besondere Zwecke der Verwaltung dienen? Ist 
cldas Reichsheer aus den Oontingenten combinirt oder ist es für 
gewisse Zwecke in Contingente zerlegt, wie es in anderen Be- 
ziehungen in Armeecorps, Divisionen, Brigaden u. s. w., oder 
nach Waffengattungen oder in das stehende Heer, die Landwehr 
und den Landsturm gegliedert ist? Ist die Contingentsherrlich- 
keit im Sinne der Reichsverfassung die noch fortdauernde Militär- 
hoheit (Staatsgewalt) der Bundesglieder, welche durch die Rechte 
von Kaiser und Reich auf das Erheblichste beschränkt und der 
Eigenschaft der Souveränität entkleidet worden, immerhin aber 
die Grundlage der bundesstaatlichen Militärverfassung geblieben 
ist; oder ist die Militärhoheit der Einzelstaaten untergegangen, 
und die des Reiches an ihre Stelle getreten, die Contingents- 
herrlichkeit aber lediglich ein staatsrechtlich unbedeutendes Ehren- 
recht, welches den Bundesfürsten „zum Andenken“ an ihre 
ehemalige Militärhoheit durch die Reichsverfassung verliehen 
worden ist? 
Die Beantwortung dieser Fragen ist keineswegs bloss ein 
doctrinäres Bedürfniss der Theorie, sondern von weitreichender 
praktischer Bedeutung. Je nachdem die Antwort auf diese 
Fragen ausfällt, bemisst sich auch die Entscheidung, ob die 
Officiere im Reichsdienst oder im Landesdienst stehen, ob die 
Kriegsministerien kaiserliche Behörden oder Landesbehörden sind, 
ob der Militärfiskus Reichs- oder Landesfiskus ist, ob der 
Militärdienst dem Reich oder dem Staat geleistet, der Fahnen- 
eid dem Kaiser oder dem Landesherrn geschworen wird u. s. w. 
Während ich nun im Staatsrecht des Deutschen Reichs 
Bd. II (1880) die Ansicht durchgeführt habe, dass das Reichs- 
heer aus den Contingenten der Einzelstaaten zusammengesetzt, 
seine Einheit eine militärisch-technische und politische, aber keine
	        
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