Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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und behandelt, sondern als einzelstaatliche. Mit dem kaiser- 
lichen Heerführer-Amt hat ihre Thätigkeit auch einen nur sehr 
losen Zusammenhang, denn sie geben lediglich Entscheidungen 
ab über die persönliche Tauglichkeit, Würdigkeit u. s. w. der 
einzelnen Wehrpflichtigen zum Eintritt in das Heer, Urtheile über 
die Anwendung abstracter Normen auf concrete Fälle. Diese 
Theilnahme der Einzelstaaten an dem Rekrutirungsgeschäft scheint 
nun aber BROCKHAUS mit seiner Theorie von dem Heerwesen 
des Reiches nicht für vereinbar zu finden; denn er behauptet: 
„die Oontingentsherren hätten nicht den geringsten Antheil an 
der Auswahl der Personen, welche in das Reichsheer einzustellen 
sind“ (S. 54) und „die Ersatzbehörden stellen sich dar als mili- 
tärische Verwaltungsorgane, deren Mitglieder nach Massgabe des 
Gesetzes und der kaiserlichen Verordnungen von den einzelnen 
Staaten gestellt werden müssen, deren amtliche Befugnisse aber 
auf einer Delegation von seiten des Kaisers beruhen, auf dem 
Auftrage nämlich, gewisse militärische Verwaltungsgeschäfte, 
welche als jus proprium dem Kaiser zustehen, jure delegato vor- 
zunehmen“ (S. 55). Zu dieser überraschenden Behauptung ge- 
langt er durch folgende Deduction. Dem Kaiser allein stehe 
die Feststellung der einzelnen zur Wehrfähigkeit nöthigen phy- 
sischen Eigenschaften zu (Militärges. 8 71). Nach dem Wehrges. 
& 9 bestimme der Kaiser ferner für jedes Jahr nach Massgabe 
des Gesetzes die Zahl der in das stehende Heer einzustellenden 
Rekruten. Die Vertheilung des Gesammtbedarfs an Rekruten auf 
die einzelnen Bundesstaaten erfolge durch den Ausschuss des 
Bundesrathes für das Landesheer und die Festungen, d. i. also 
wieder ein Organ des Reiches. Die Vertheilung des Rekruten- 
bedarfs sei aber nichts anderes als die Ausführung eines Verwal- 
tüungsactes, welchen lediglich der Kaiser vorzunehmen berechtigt 
sei. Die Aushebung der gestellungspflichtigen Rekruten in den 
einzelnen Aushebungsbezirken sei gleichfalls nur die Ausführung 
einer kaiserlichen Anordnung. Die Entscheidung der Frage, ob 
die wehrpflichtigen Personen auch wehrfähig seien, sei die 
Voraussetzung für die Einstellung u. s. w. Die Anwendung der 
Grundsätze über die Wehrfähigkeit auf die gestellungspflichtigen 
Personen sei also ein integrirender Theil des Ersatzgeschäftes
	        
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