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schuss für das Landheer und die Festungen, zur Nach-
achtung in geeigneter Weise mitzutheilen.“
Es ist begreiflich, dass BrockHAus vom Standpunkt seiner
Theorie aus diese Bestimmungen „seltsam“ findet; viel seltsamer
ist aber die Art, wie er sie sich zurecht zu legen versucht. Er
sagt: „Da der König von Preussen die ihm durch die Reichsver-
fassung beigelegten Herrschaftsrechte nur in seiner Eigenschaft
als deutscher Kaiser besitzt, so kann die in der Reichsverfassung
für die genannten Anordnungen geforderte Nachachtung nur des-
halb gefordert werden, weil sie Anordnungen des Kaisers, nicht
aber Anordnungen eines Contingentsherrn, nämlich des Königs von
Preussen sind.“ Ein Verordnungsrecht des Bundesraths-Aus-
schusses sei ausgeschlossen ; ebenso könne nicht daran gedacht
werden, dass den Contingentscommandeuren ein Verordnungsrecht
verliehen sei. Aber auch die Annahme, dass den Contingents-
herren ein formelles Recht zum Erlasse von Armeeverordnungen
zustehe, sei ausgeschlossen, „denn die Mittheilung der preuss.
Armeeverordnungen hat gar nicht an die Contingentsherren,
sondern an die Contingentscommandeure zu erfolgen °).“
„In Wahrheit erscheine der Bundesrathsausschuss hier lediglich
als der Bote des Kaisers an die Höchstkommandirenden der
Contingente; er hat diesen die preussischen Armeeverordnungen
zu behändigen oder zu insinuiren.“
Wäre die gesammte Landmacht des Reichs ein einheitliches
Heer im Sinne der BrockHAus’schen Theorie und handelte es sich
im Art. 63 Abs. 5 um Anordnungen, die der Kaiser als solcher,
nicht als König von Preussen, erlässt, so würden diese Anord-
nungen sich auch unmittelbar auf das ganze Heer erstrecken.
Dies ist auch bei allen Verordnungen, welche der Kaiser
auf Grund spezieller Delegation eines Reichsgesetzes in Militär-
sachen erlässt, der Fall; es giebt kein einziges Beispiel, dass eine
kaiserliche Verordnung, welche ja in sehr grosser Zahl auf
Grund der in den Reichsmilitärgesetzen enthaltenen Ermächti-
gungen. ergangen sind, für die Preussische Armee erlassen und auf
dem in Art. 63 Abs. 5 bezeichneten Wege in den anderen Con-
5) Aelmlich G. Meyer, Annalen 1880 $S. 341, und im Anschluss an
dessen Darstellung ScHhuLze, Deutsches Staatsr. II S. 260.