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kannte militärische Schulen. Wer in einer dieser Schulen seinen
militärischen Cursus durchmacht, erwirbt sich diejenige militärische
Ausbildung, welche der Staat von ihm verlangt.
Das Reich hat diese militärische Schulpflicht gleichmässig
und übereinstimmend geregelt, es hat alle militärischen Schulen,
in denen die Wehrpflichtigen ausgebildet werden, organisirt und
in inneren Zusammenhang gebracht; es hat dadurch das Heer
als Ganzes zu einem schlagfertigen und brauchbaren Mittel der
Landesvertheidigung gemacht; aber daraus folgt nicht, dass es
die Wehrpflicht ihres staatsbürgerlichen Charakters entkleidet hat.
Damit zerfällt auch ein anderes Argument unserer Gegner.
Sie verweisen auf den Dienst in der Marine. Derselbe kann
nur dem Reiche geleistet werden, weil es Contingente in der
Kriegsflotte nicht giebt. Wer der Wehrpflicht in der Marine
genügt, ist von dem Dienst im Landheer befreit. Für den
Marinedienst könne aber nicht ein ganz anderes staatsrechtliches
Prinzip wie für den Heeresdienst gelten, denn Marine und Heer
bilden zusammen die bewaffnete Macht des Reichs, und der
zufällige Umstand, dass der Einzelne wegen persönlicher Eigen-
schaften für die Kriegsflotte ausgehoben werde, könne nicht ein
ganz anderes Subject, das Reich, an die Stelle des Heimathsstaates
setzen®). Grewiss nicht! Auch durch den Dienst in der Marine
genügt man der militärischen Schulpflicht gegen den Heimaths-
staat. Der Unterschied ist nur der, dass die Marine eine mili-
tärische Schule des Reiches ist. Wer den Marinedienst leistet,
erwirbt sich seine militärische Ausbildung für den Kriegsdienst
in einer dazu bestimmten Bildungs-Anstalt des Reichs, wer zum
Heer ausgehoben wird, in einer Anstalt eines Einzelstaates. Aus
dem Umstand, dass die Kriegsflotte eine Reichsanstalt ist, folgt
nicht, dass die Ableistung der Wehrpflicht in der Marine nicht
Erfüllung einer Unterthanenpflichtt gegen den Heimathsstaat
sein könne.
Auch der Grundsatz, dass für die Zutheilung der auszu-
hebenden Rekruten an die Truppen des Reichsheeres das mili-
tärische Bedürfniss bestimmend ist (Milit.-Ges. $ 9, 4), steht mit
®) BrockHAus 8. 115. G. Meyer, Annalen 344 ff, Verwaltungsr. II S. 75.