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das militärische Interesse allein ist dafür massgebend, welcher
Platz ihm angewiesen wird.
Die Erfüllung der mit dem Militärdienst verbundenen be-
sonderen Pflichten wird bekanntlich durch einen promissorischen
Eid, den sogen. Fahneneid angelobt. Derselbe bietet daher
ein vorzügliches Hülfsmittel zur Entscheidung der hier erörterten
Frage; denn der Diensteid kann nur demjenigen geleistet werden,
dem gegenüber die Dienstpflicht besteht und mit welchem ein
Dienstverhältniss begründet wird. Art. 64 der Reichsverfassung
sanctionirt nun folgende Unterscheidung: die von dem Kaiser
ernannten Officiere leisten Ihm den Fahneneid; bei allen andern
Dienstpflichtigen ist die Verpflichtung, den Befehlen des Kaisers
unbedingte Folge zu leisten, in den Fahneneid aufzunehmen.
Aus dieser Unterscheidung ergiebt sich, dass nach der Reichs-
verfassung, abgesehen von den vom Kaiser selbst ernannten
Officieren, der Fahneneid nicht dem Kaiser zu leisten ist, sondern
demjenigen, dem er bis zur Errichtung des Bundes zu leisten
war, dem Landesherrn. Damit stimmt auch die Praxis überein ;
der Fahneneid wird von den Truppen dem Landesherrn ge-
schworen. Fassen wir nun den Fahneneid näher in das Auge,
so kommt — wie BrockHaAvus 8. 117 mit Recht ausführt — die
Formel der sächsischen und der württembergischen Truppen in
erster Linie in Betracht, denn in Preussen und Elsass-Lothringen
fällt die Unterscheidung zwischen Kaiser und Landesherrn fort, in
Bayern bestehen hinsichtlich der Armee eingreifende Sonderrechte,
in den übrigen Staaten ist die Contingentsherrlichkeit zwar nicht
quoad jus, wohl aber quoad exercitium auf Preussen übergegangen.
Die Formel des Sächsischen und des Württembergischen
Eides lautet nun an der in Betracht kommenden Stelle:
„— — dass ich Seiner Majestät dem Könige während
meiner Dienstzeit als Soldat treu dienen, dem Bundes-
feldherrn und den Kriegsgesetzen Gehorsam leisten. .... will.“
Wie lässt sich dieser Eid mit der von BROCKHAUS ver-
tretenen Theorie vereinigen? BROCKHAUS versucht dies (S. 119 ff.)
in folgender Art!?). Er findet darin „die eidliche Zusicherung
18) BROCKHAUS schliesst sich hier eng an die Ausführung von SCHULZE,
Deutsches Staatsrecht II S. 267 an.