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kation eine rechtlich bedeutungslose Höflichkeit; nach der Reichs-
verfassung ist diese Publikation ein nöthiger Regierungsact.
7. Nach der von BROCKHAUS vertheidigten Lehre müssten
die Landesherren ihre eigenen Truppen ebenso wie andere Reichs-
truppen zu polizeilichen Zwecken requiriren; nach der Reichs-
verfassung können sie die eigenen Truppen verwenden, die
andern müssen sie requiriren.
8. Nach der von BROCKHAUS vertretenen Theorie von der
Wehrpflicht müsste der im ganzen Reich aufgebrachte Ersatz für
alle Truppenkörper des ganzen Reichsheeres zur Verfügung stehen:
nach der Reichsgesetzgebung hat jeder Staat mit eigener Contin-
gentsverwaltung sein Uontingent selbst aufzubringen, die von ihm
ausgehobenen Rekruten dürfen im Frieden nicht in andere Üon-
tingente eingereiht werden, und wenn sie in Ausübung der sogen.
militärischen Freizügigkeit in einem andern Kontingent dienen,
werden sie ihrem Heimathsstaat angerechnet.
9. Nach der BrockHaus’schen Theorie müsste der Fahnen-
eid dem Kaiser geleistet und ihm die Erfüllung der Dienstpflicht
angelobt werden; inWirklichkeit wird der Fahneneid dem Landesherrn
geleistet und diesem versprochen, ihm als Soldat treu zu dienen.
10. Nach der BrockHAus’schen Theorie müsste die Militär-
gerichtsbarkeit dem Kaiser zustehen, in Wirklichkeit steht sie
den Contingentsherren zu.
11. Nach der BrockHaAus’schen Theorie müsste die Armee-
verwaltung von einem Reichsamt unter Leitung und Verantwort-
lichkeit des Reichskanzlers geführt werden, in Wirklichkeit wird
sie von den Kriegsministerien der Contingentsstaaten geführt.
12. Nach BROCKHAUS müssten die Kriegsminister der Einzel-
staaten dem Kaiser und Reichstag verantwortlich sein; in Wirk-
lichkeit ist eine solche Verantwortlichkeit nicht vorhanden.
Wenn man es einer Theorie zum Ruhme anrechnet, dass
sie mit den Gesetzen und thatsächlichen Einrichtungen im Ein-
klang steht, so wird man nicht umhin können, einzugestehen,
dass die MEYER-BROCKHAUS’sche Lehre in dieser Beziehung Einiges
zu wünschen lässt.
Auf das zweite Kapitel der Schrift, welches die Sonder-
rechte Bayerns und die Militärconventionen behandelt,