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eine über das andere gesetzt wird, als Gewalthaber, als Herr-
scher ®5).
Diese Auffassung von dem Verhältnisse des Staates zu dem
aufzunehmenden Fremden ist m. E. nicht richtig. Unser Staat
ist kein Verein, dessen Vorstandschaft die statutenmässige Ge-
waltstellung nur hat gegenüber gehörig aufgenommenen Mit-
gliedern. Er ist Herrscher und hoheitliche Macht gegenüber
Jedermann, den sein Arm thatsächlich erreichen kann, für den
Ausländer, der sich bei uns niederlässt, geradeso wie für den
Einheimischen. Die Staatsangehörigkeit ist eine Eigenschaft,
welche einen Theil der ihm Unterworfenen mit besonderen
Rechten und Pflichten auszeichnet, ein status. Indem der Staat
durch Naturalisation und Entlassung an der Ordnung dieses
status arbeitet, handelt er obrigkeitlich, geradeso wie in den
civilrechtlichen Personenstandsverfügungen der legitimatio per
rescriptum principis oder der Genehmigung der Adoption. Die
Einwilligung des Betroffenen ist nur die gesetzliche Bedingung
für die der Behörde verliehene Gewalt 6°)
Wenn aber die Voraussetzung eines Koordinationsverhältnisses
hier nicht herzustellen ist, so bliebe der Vertragsbegriff nur an-
wendbar von jenem unmöglichen Standpunkte aus, der einen
Vertrag überall sieht, wo es einer Einwilligung bedarf. —
Die gleiche rundlage sucht man auch für das andere Haupt-
beispiel des Vertrages zu gewinnen, nur mit ungleich besserem
Erfolge. Ueberall wo gründlich verfahren wird, geht man davon
65) SCHMITTHENNER, S. 462; LaBanD I, S. 166; Rosın in Annalen 1883,
S. 299; Reum in Annalen 1885, S. 119.
66) Wenn die Einwilligung fehlt, so ist nicht etwa das Rechtsgeschäft
nicht zu Stande gekommen, sondern der Verwaltungsakt der Naturalisation
mangelhaft und alles Weitere hängt dann davon ab, inwieweit Zuständig-
keiten bestehen, um ihn für ungültig zu erklären (SEYDEL in HIrRT#’s An-
nalen 1876, S. 142; LANDGRAFF daselbst, S. 1029; RönnE II, S. 18, Anm.
1b; G. MEyEr, V.-R., 8. 187, 138; Sarwer, Oeff. R. u. Verwaltungsrechts-
pflege, S. 461).