Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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SCHULZE argumentiren würde, dass die Veräusserung von Finanz- 
vermögen hinterher die Aufnahme von Anleihen nöthig machen 
könne, und dass aus diesem Grunde der Landtag die Veräusse- 
rung zu genehmigen habe, so müsste man folgerichtig diese Ge- 
nehmigung auch zur Veräusserung von Verwaltungsvermögen — 
man denke z. B. daran, dass die Regierung alle Kasernen ver- 
kaufen würde! — ja sogar zu Kriegserklärungen und Friedens- 
schlüssen fordern, weil auch diese die Aufnahme von Anleihen 
nöthig machen können! 
Wäre zur Rechtsgültigkeit jeder Veräusserung von Staats- 
eigenthum die Zustimmung des Landtages nöthig, so müsste diese 
expressis verbis und besonders erklärt werden. Nicht aber könnte 
es dabei genügen, dass z. B. unter Einnahmen eine Summe für 
Domänenverkäufe im Etat eingestellt wird. Diese Einstellung 
erfolgt, wie bei den übrigen Einnahmen, nicht weil sie der Ge- 
nehmigung bedarf, sondern weil jede vorauszusehende Einnahme 
zu „veranschlagen“ ist. 
Der Standpunkt der Kommission des Abgeordnetenhauses 
ist übrigens so wenig vom Herrenhause wie von der Staatsregie- 
rung acceptirt worden, und es ist insbesondere weder bei den 
Berathungen über den Vertrag vom 10. August 1865 noch sonst 
von der Staatsregierung anerkannt worden, dass „die Genehmigung 
des Landtages an sich“ zu Veräusserungsverträgen „erforderlich 
sei“22), Vielmehr hat die Staatsregierung sowohl durch den 
Mund des Ministerpräsidenten Fürsten Bismarck am 4. Februar 
1867 im Herrenhause?) als durch den Finanzminister in der 
Kommission des Abgeordnetenhauses am 11. Januar 1869 ?*) 
22) Dies behauptet MEER, Staatsverträge S. 65. 
28) Fürst Bismarck: „Die Regierung hält sich nicht für befugt, Eisen- 
bahnen zu veräussern, über deren Erträge gesetzlich oder durch Verpfändung 
dauernd verfügt ist“ — also doch über andere Eisenbahnen. 
%) In dieser Erklärung heisst es: 
„Die Staatsregierung habe deshalb auch in Folge des nachträglichen 
Beschlusses des Hauses der Abgeordneten, nach welchem der qu. Vertrag 
zur Genehmigung vorgelegt werden sollte, hierauf nicht eingehen können, 
weil die nach Ueberzeugung der Staatsregierung in rechtlich gültiger Weise 
geschaffenen neuen Rechtsverhältnisse nicht in Frage gestellt werden 
dürften.“ 
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