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erklärt, dass ihrer Ansicht nach ohne Genehmigung des Land-
tages Veräusserungsverträge in rechtlich gültiger Weise abge-
schlossen werden können, wenn nicht Spezialgesetze oder Spezial-
beschränkungen entgegenstehen. Richtig und von der Staats-
regierung zugestanden ist nur, dass dieselbe die 13 Millionen
Thaler ohne Genehmigung des Landtages nicht verausgaben
durfte und, weil und insoweit die Staatsregierung dies gethan
hatte, suchte und erhielt sie Entlastung.
Drittens folgt aus den vorstehenden Ausführungen, dass,
soweit das Gesetz nichts entgegengesetztes bestimmt, die Gültig-
keit und Klagbarkeit der den Staat verpflichtenden Rechtsgeschäfte
davon, ob für dieselben eine Ausgabeposition (und welche) im
Staatshaushalt festgestellt ist??) — nach Erlass der Verfassungs-
urkunde ebensowenig abhängig sind, wie sie dies vor derselben
waren. Es mag hierbei noch darauf hingewiesen werden, dass
das Gesetz über die Erweiterung des Rechtsweges vom 24. Mai
1861 die Einklagbarkeiten der Gehalts- ete. Forderungen nicht
dadurch bedingt, dass die Forderungen im Etat bewilligt waren.
Dieses Gesetz ist auch in der budgetlosen Zeit ohne Anstand
zur Anwendung gekommen und weder hierbei noch sonst ist
damals aus dem Umstande, dass ein Etatsgesetz nicht zu Stande
gekommen war, der Einwand der mangelnden Aktiv- oder Passiv-
legitimation für oder gegen die Staatsregierung erhoben worden.
Die Verhandlungen der Revisionskammern lassen als allgemeine
Ansicht erkennen, dass nach der Absicht der Verfassungsurkunde
die Staatsregierung ohne vorhergehende oder nachfolgende (Ge-
nehmigung des Landtages keine Ausgaben leisten sollte; jede
Zuwiderhandlung sollte das Ministerium verantwortlich machen ;;
nirgends aber ist ausgesprochen worden, dass zuwiderhandelnde
Rechtsgeschäfte nichtig, dass sie insbesondere Dritten gegen-
über unverbindlich seien. Im Gegentheile lassen viele Argumente
für und wider die Streichung der Eingangsworte des heutigen
Artikel 109, obwohl sich der Streit damals nur um das Steuer-
bewilligungsrecht drehte, keinen anderen Schluss zu, als dass die
Staatsregierung, unbeschadet ihrer Verantwortlichkeit gegen den
35) Dies und nichts Anderes beweisen die von Prazak in diesem Archiv
mitgetheilten Erkenntnisse des höchsten Österreichischen Gerichtshofes.