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Auf der andem Seite wäre es durchaus falsch, wollte man
dem Rechtsgrunde, auf welchem die Leistung einer Ausgabe be-
ruht, keine Bedeutung beimessen. Wer eine Ausgabe für den
Staat leistet, zu welcher dieser gesetzlich verpflichtet ist, kann
hierfür niemals rechtlich verantwortlich gemacht, gegen denselben
kann ein Defektenbeschluss nicht erlassen werden. Würde er
gleichwohl erlassen, so müsste der Richter ihn aufheben. Gegen
das Ministerium kann ein Defektenbeschluss niemals ergehen; es
fehlt die „vorgesetzte Behörde“, die ihn erlassen könnte; politisch,
nicht rechtlich ist dagegen das Ministerium für die blosse That-
sache, dass eine Ausgabe ohne HEtatsgesetz gemacht ist, verant-
wortlich. Sieht man von dem in Preussen nicht üblichen und
unvollständigen Rechte der allgemeinen Ausgabeverweigerung ab,
so lassen sich folgende Sätze aufstellen: Die Staatsregierung darf
alle Ausgaben leisten, welche im Staatshaushaltsgesetz genehmigt
sind, für andere hat sie die Pflicht der Verantwortung. Diese
Pflicht ist erfüllt, wenn die ausseretatsmässige Ausgabe Folge
eines Zustandes ist, für welchen die Staatsregierung nicht verant-
wortlich gemacht werden kann. Dies ist zunächst dann der
Fall, wenn die Ausgabe unmittelbar auf Gesetz beruht, sodann
wenn sie Folge von Handlungen ist, welche mit Zustimmung des
Landtages geschehen sind (z. B. wenn der Landtag die zur
Kreirung einer bestimmten Zahl von Beamten erforderlichen
Mittel bewilligt hat und die Beamten nicht willkürlich wieder
entlassen werden können oder wenn durch Gesetze also mit Zu-
stimmung des Landtages, die Staatsregierung zur Einsetzung und
Erhaltung einer bestimmten Behörde verpflichtet ist?®), endlich
wenn sie aus Zuständen nothwendig werden, welche die Regie-
rung nicht eigenmächtig herbeigeführt hat; (z.B. wenn der Fiskus
se) Hiernach beantwortet sich die Frage, welche Bedeutung etwa die
Verweigerung der Geldmittel für den kirchlichen Gerichtshof nach sich
ziehen würde. Vgl. auch Lasker im Abgeordnetenhause am 17. Februar
1877. —
„Es versteht sich von selbst, dass ausseretatsmässige aber speziell
gesetzlich bewilligte Ausgaben als genehmigt zu betrachten sind; weil ein
Gesetz sie ausdrücklich genehmigt. In der Finanzwirthschaft ist
nur nothwendig, dass thatsächlich die Zustimmung der Fak-
toren der Gesetzgebung in irgend einer Weise bewirkt werde,“