— 50 —
an die vielen Reichseisenbahnbeamten in Elsass-Lothringen. Die
Verträge, durch welche deren Eintritt in den Staatsdienst bewirkt
wurde, könnten nur nach Landesrecht abgeschlossen sein. Allein
unser Landesrecht hatte niemals einen Rechtssatz über öffent-
lichrechtliche Staatsdienstverträge gehabt; denn das Staatsdienst-
verhältniss war einseitig durch Verwaltungsakt begründet worden
ohne Rechtssatz ?°%). Wenn die deutsche Staatsgewalt über die
dazu nöthige einseitig bindende Kraft nicht verfügte, so war
öffentlichrechtlicher Weise überhaupt nichts möglich. Nur für
civilrechtliche Dienstverträge bot der code civil Rechtssätze genug.
Die gleiche Lücke besteht für die Dienstverträge der Landes-
beamten; wir verweisen nur auf die Rechtslage der Strassburger
Universitätsprofessoren, auf welche das als Landesgesetz einge-
führte Reichsbeamtengesetz keine Anwendung findet, und auf die
neuerdings mehr besprochenen Dienstverträge der militärischen
Kapitulanten, welche ausschliesslich durch Militärverordnungen,
d. h. durch Dienstinstruktionen geordnet sind ’}).
Thatsache ist, dass den Anhängern des wahren Staatsdienst-
vertrages dieser Mangel eines Rechtssatzes noch niemals Schwierig-
keiten bereitet hat. Dass die Willenseinigung immer fähig sein
muss, Rechtsverhältnisse zu erzeugen, ist ein Axiom. Pacta sunt
servanda, der Rechtssatz muss auf dem Gebiete des öffentlichen
Rechtes so gut gelten wie auf dem des Civilrechts’?). Nur
freilich, dieser Satz in seinen verschiedenen Formulirungen und
mit allen seinen Einzelheiten gehört von Haus aus dem Civil-
70) Vgl. oben bei Anm. 24.
71) LABAND Ill, S. 16; ReHM in Annalen 1855, S. 130, meint aller-
dings die massgebende Kabinetsordre vom 8. Juni enthalte zum Theil
Rechtsregeln ; das kann sie aber gar nicht.
2) Die bayrischen Juristen, welche sich von jeher um das Staats-
dienerrecht und was dazu gehört, besonders verdient gemacht haben, sind
die Hauptträger dieser Auffassung. So BRATER in Bl. f. adm. Pr. V,S. 119
und Note 67 daselbst; SEYDEL,. Grundzüge, $S. 51; STENGEL in Hırra's
Annalen 1876, S. 898; Rehm daselbst 1885, S. 118.