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rung zur Erfüllung des Etatsrechts anwenden. Der Generalbevoll-
mächtigte leitet alle seine Rechte nur vom Vollmachtgeber her,
der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist von den Aktionären ge-
wählt, der Procurist ist nur ein Diener seines Prinzipals, der
offene Handelsgesellschafter wird nur durch den Willen seiner
Mitgesellschafter, nämlich durch den Gesellschaftsvertrag berech-
tigt, über deren Gesellschaftsvermögen zu verfügen, der Magistrat
einer Stadt wird erst von den Stadtverordneten erwählt, das Mit-
glied des Bundesrathes wird dieses lediglich durch den Auftrag
seiner Landesregierung — dahingegen ist die Krone in Preussen
nicht erst aus dem Willen des Volkes und seiner Vertretung ent-
standen; noch leitet sie ihre Befugnisse, für den Staat zu han-
deln aus einer Ermächtigung der Landesvertretung ab, noch ist
sie endlich im Allgemeinen verpflichtet, den ihr von der Volks-
vertretung ertheilten Aufträgen Folge zu leisten. Die .Berechti-
gung der Staatsbehörden, den Staat durch ihre Handlungen zu
verpflichten, war vor der Verfassung vorhanden, sie ist durch
diese nicht aufgehoben, sondern nur beschränkt worden. In ver-
mögensrechtlicher Hinsicht ist diese Beschränkung durch das
Etatsgesetz gezogen; die Beschränkung ist aber eine interne, eine
nur dem Landtage gegenüber wirksame; eine andere sollte sie
gar nicht sein. Das Etatsgesetz enthält in Preussen nicht die
Ermächtigung der Behörden, für den Staat vermögensrecht-
liche Handlungen vorzunehmen %), sondern nur die Beschrän-
kung, welche ihnen bei Vornahme derselben dem Landtage gegen-
über auferlegt sind. So, nicht anders ist das Etatsgesetz konstant
aufgefasst worden. Dies bezeugt, worauf zum Schlusse hingewiesen
werde, auch das Erkenntniss des Gerichtshofes zur Entscheidung
der Kompetenzkonflikte vom 14. April 1855 *). Zwar enthält
das Erkenntniss keine nähere Begründung, und begnügt sich obi-
gen Satz als einen „sich von selbst verstehenden“ zu erklären, es
ist aber von besonderem Werthe, weil in ihm Zeugniss darüber
zu finden ist, wie Mitglieder höchster Gerichts- und Verwaltungs-
behörden, wie die Gerichts- und Verwaltungspraxis, das Budget-
#2) Diese ist in anderen Gesetzen, Verordnung vom 27. Oktober 1810,
Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817 u. s. w. enthalten.
+8) Justizministerialblatt 1855 S. 304.