Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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recht aufgefasst haben. Auf dem gleichen Rechtsgrunde beruht 
auch die Entscheidung des Reichsgerichts vom 9. April 1885 “*), 
da sie ausspricht, dass die von den Kammern ertheilte Geneh- 
migung zu einer Etats-Ueberschreitung „nicht ausser der Indem- 
nität der Minister noch die Anerkennung oder Versagung ver- 
mögensrechtlicher Ansprüche dritter Personen in sich schliessen 
kann.“ 
Ebenso wie das Preussische „ist das Budgetrecht des Deut- 
schen Reiches aufzufassen. Artikel 69 der Reichs-Verfassung ent- 
spricht dem Artikel 99 der Preussischen Verfassung. Die Ein- 
nahmen und Ausgaben sind im Etat zu veranschlagen und der 
Etat als Gesetz zu erlassen. Das Regieren ohne Etatsgesetz ist 
im Reich ebenso verfassungswidrig wie in Preussen. Dass aber 
die Erhebung der Einnahmen und die Leistung von Ausgaben 
nach Aussen hin und Dritten gegenüber nur auf Grund des Etats- 
gesetzes im Reiche statthaft sei, ist in der Reichsverfassung nicht 
zum Ausdruck gelangt und nicht anzunehmen. Gegen eine solche 
Annahme spricht ausser der Analogie des Preussischen Staats- 
rechts auch der Umstand, dass wo zu den Einnahmen oder Aus- 
gaben ein Gesetz erforderlich sein soll, bei den Matrikularbeiträgen 
(Art. 70) den Steuern (Art. 35) und Anleihen (Art. 43) Garantie- 
leistungen (Art. 73) dies besonders in der Verfassung bestimmt 
ist. Um so mehr muss angenommen werden, dass der Regel nach 
die Erhebung der Einnahmen unabhängig vom Etatsgesetz ist, 
weil diese Erhebung vielfach nicht nur im finanziellen Inter- 
esse erfolgen soll; man denke an die Schutzzölle, an die Ein- 
nahmen aus dem Spielkarten- und dem sogenannten Börsenstempel 
und die auf den Branntwein- und Bierkonsum gelegten Abgaben! 
Artikel 71 spricht zwar von einer Bewilligung der gemein- 
schaftlichen Ausgaben; hieraus folgt, dass die Reichsregierung 
dem Bundestage und Reichstage gegenüber zur Leistung nicht 
bewilligter Ausgaben nicht befugt ist, d. h., dass sie für derartige 
Leistungen verantwortlich ist (Art. 72). Dass Ausgaben ohne 
Etatsgesetz nichtig sind, dass sie lediglich aus dem Grunde, weil 
sie ohne Etatsgesetz gemacht sind, vom Empfänger wieder bei- 
“) Entscheid. in Civils. Bd. 13 S. 258.
	        
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