Genehmigung und subjectives Recht.
Von
DR. OscAR GLUTH.
Do zutreffend der Rechtsstaat durch das Merkmal charakte-
risirt erscheint, dass er von seinen Angehörigen keine Leistung
und keine Unterlassung fordert, ihnen nichts befiehlt und nichts
verbietet, als_auf Grund_eines Rechtssatzes, N) so vorsichtig mag
heute noch die Theorie des Verwaltungsrechtes in allen Schluss-
folgerungen vorgehen, welche die uneingeschränkte Geltung dieses
Satzes in dem Staate der Gegenwart zur Voraussetzung nehmen.
Wenn erst kürzlich FRICKER ?) darauf hingewiesen hat, dass das
Einschreiten der Polizei gerade im Falle der allereinfachsten
Ordnungswidrigkeiten, deren Ausschliessung am allerwenigsten
zweifelhaft sein kann, in dem Gesetze keinen Halt findet, so ist
damit eben eine jener T’hatsachen berührt, welche den Zweifel
wachrufen, ob denn die Idee des Rechtsstaates heute schon zur
vollen Verwirklichung gelangt ist. Man mag versuchen, über
diesen Zweifel damit hinwegzukommen, dass man mit FRICKER
annimmt, „jede nachweisbare, im Rechtsbewusstsein feststehende
Aufgabe der vollziehenden Gewalt“ enthalte eine Ermächtigung
für die Verwaltung, welche der durch die konstitutionellen Gesetze
ertheilten Ermächtigung gleichzuachten ist — vollständig bannen
wird man den Zweifel nicht. Doch das ist es nicht, wovon hier
gesprochen werden soll. Trotz mannigfacher Durchbrechungen?)
1) LaranD, Staatsrecht des deutschen Reiches II S. 202.
?2) „Ueber die Einwirkung des Erscheinens einer Verfassungsurkunde auf
das bestehende Recht“ in der Zeitschrift f. d. ges. Staatswissensch. 1887 S. 32 ff.
8) Diese können nicht in Abrede gestellt werden, mag man sie auch
Archiv für Öffentliches Recht. TI. 4. 37