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griff der Verwaltung über die Grenze ihrer Ermächtigung auch
schon ein Eingriff in das subjective Recht des Einzelnen ist‘).
Auf diese Weise gelangt man zu einer Erfassung bestimmter
öffentlicher Individualrechte, gegen welche sich gewichtige Bedenken
erheben.
Es sollen hier die Einwendungen nicht wiederholt werden,
welche längst von Rechtslehrern wie GERBER, LABAND, UNGER
gegen die Annahme erhoben wurden, dass durch die Rechtssätze
über die Ausübung der Staatsgewalt überhaupt subjective Rechte
(Volks-, Grund- oder Freiheitsrechte) der Einzelnen begründet
werden?). Auf diese Einwürfe wird später zurückzukommen sein.
Hier soll zunächst einigen Bedenken Ausdruck gegeben werden,
welche sich speciell dagegen erheben, dass diese subjectiven Rechte
aus den die Befugnisse der Verwaltung umschreiben-.
den Rechtssätzen abgeleitet werden.
Das eine dieser Bedenken ist, dass in diesem Falle die sub-
jectivren Rechte thatsächlich inhaltsleer wären. Gleichviel
ob der Inhalt des Rechtes im Gebiete der individuellen Freiheit
oder in dem des individuellen Interesses gesucht wird, immer
verflüchtigt er sich für die nähere Betrachtung in Nichts. Ein
und dasselbe individuelle Interesse, ein und derselbe Willensact
stellt sich als rechtlich geschützt, oder als den Beschränkungen
®) SARWEY a. a. 0. 8.66: „Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass über
den Interessen der Einzelnen das öffentliche Interesse steht. Allein es ist
eine. der vorzüglichsten Aufgaben des Verwaltungsrechtes, festzustellen, wo
dieser Grundsatz seine Grenze hat, oder, da die Wahrung des öffentlichen
Interesses die Aufgabe der verwaltenden Organe des Staates ist, dem indi-
viduellen Wollen dieser, ihrer Willkür in der Thätigkeit für die öffentlichen
Interessen, durch Normen die Schranken zu ziehen, innerhalb welcher jener
Grundsatz zu verwirklichen ist. Dies ist gleichbedeutend mit der
Feststellung der Rechte und Pflichten des Einzelnen gegen-
über dem Staate und den öffentlichen Korporationen.“ S. 34 sagt SARWEY,
die Vorschriften über die Grenzen der Gewalt der Organe der öffentlichen
Gewalt und die Bedingungen der Ausübung dieser Gewalt enthalten, hätten
zunächst zum Inhalt die Begrenzung und Absteckung der Rechts-
sphäre der Einzelnen gegen Eingriffe der Staatsgewalt.
7) GERBER, Ueber Öffentl, Rechte 8. 77 ff. und Grundzüge des deutschen
Staatsrechtes S. 34; LagBann a. a. O. I S. 149 (1. Aufl.); Unger, System des
österr. allgem. Privatr. I S. 496 ft.