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generelle Satz, dass die Verwaltung in Privatrechte nicht ohne
gesetzliche Ermächtigung eingreifen dar. Denn es wird ja doch
nicht ernstlich behauptet werden wollen, dass z. B. die Rechte
des Eigenthümers dann, wenn ein Rechtssatz, welcher die Behörde
in gewissen Fällen zur Enteignung berechtigt, nicht *bestünde,
begrenzter wären, als im Falle der Geltung dieses Rechtssatzes,
folgerichtig auch nicht, dass es dieser Rechtssatz ist, durch
welchen zu dem Eigenthumsrechte noch ein weiteres Recht hin-
zutritt. Wenn ein solches Öffentliches Individualrecht existirt, so
kann es nur auf dem Satze beruhen, dass das Eigenthum nicht
ohne gesetzliche Ermächtigung entzogen werden darf, während
jene Rechtssätze, welche die Ermächtigung wirklich ertheilen, doch
wieder nur die Verwaltung zu Eingriffen in die Sphäre des subjectiven
Rechts berechtigen. Das aber soll nach der herrschenden Meinung
bei den Freiheitsrechten durchaus nicht der Fall sein. Wohl leitet
auch sie diese Rechte im Grunde auf den supponirten Funda-
mentalrechtssatz zurück, dass in die individuelle Interessen- oder
Willenssphäre nur auf Grund gesetzlicher Ermächtigung eingegriffen
werden darf. Allein ihr ist nicht dieser Rechtssatz für
sich die Quelle des subjectiven Rechtes, sie hält vielmehr daran
fest, dass das subjective Recht seine Determinirung erst durch
jene Rechtssätze erfahre, welche die Befugnisse der Verwaltung
einzeln umschreiben, woraus dann von selbst die absolute Unan-
tastbarkeit dieser Rechte fliesst, eine Unantastbarkeit freilich,
welche nichts anderes ist als die Oonsequenz der vollständigen
Abhängigkeit des Umfanges des subjectiven Rechtes von den
die Befugnisse der Verwaltung normirenden Rechtssätzen und auf
welche die Theorie wohl gerne verzichten wollte, wenn sie dafür
den Freiheitsrechten die volle Selbständigkeit der Privatrechte zu
geben wüsste 1%).
14) Hie und da kommt wohl der Gedanke zum Durchbruch, dass auch
in die Sphäre der öffentlichen subjectiven Rechte Eingriffe der Verwaltung
zulässig sind, so wenn Bänr (Rechtsstaat S. 35) sagt: soweit das Recht der
Genossenschaft reicht, in die Rechtssphäre ihrer Angehörigen einzu-
greifen, müsse ihr das gegenüberstehende individuelle Recht
reichen. Auch v. Sarwey (S. 79) spricht von zulässigen Eingriffen der
Verwaltung in die Rechtssphäre des Einzelnen. Es ist freilich. fraglich,