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geringerer Sicherheit lässt sich ein Gleiches von der bayerischen
Gesetzgebung behaupten; gleichwohl finden sich ganz bestimmte
Anhaltspunkte, welche dafür sprechen, dass auch für sie im Falle
eines Eingriffes der Polizei in die individuelle Interessensphäre
(esetzverletzung und Verletzung eines subjectiven Rechtes nicht
zusammenfallen. Die bayerischen Staatsrechtslehrer sind einig
darüber, dass die Verwaltungsklage nach bayer. Rechte bedingt
ist durch ein subjectives Recht auf Seite des Klägers '?) und es
wird auch nicht an der Absicht des Gesetzgebers gezweifelt, alle
Streitigkeiten über öffentliche Rechte und Pflichten der Judikatur
der Verwaltungsgerichte zu überweisen. Nun lässt aber das Ge-
setz nur für eine relativ geringe Anzahl von Fällen, in welchen
es sich um Eingriffe der Polizei in die Sphäre des Einzelnen
handeln kann, die Verwaltungsklage zu !?), ungeachtet gewiss nicht
verkannt wurde, dass Gesetzverletzungen auch in anderen Fällen
dieser Art vorkommen werden. Der innere Grund dieser Ein-
schränkung kann nun füglich in nichts anderem gesucht werden,
als darin, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass in bestimmten
Fällen durch eine gesetzwidrige Verfügung ein subjectives Recht
des Einzelnen verletzt werde, in anderen nicht ?%). Damit ist
Gesetze“ so viel bedeutet als „Gesetzesverletzung*, darüber Pr. O.-V.-G.
VIn. 17.
18) M. SEYDEL, Bayer. Staatsr. II S. 439; Kraıs in v. Pözls Gesetze. d.
Kgr. Bayern, Zweiter Theil IX S. 27; Kaur, Das bayer. Gesetz über die Er-
richtung eines Verwaltungsgerichtshofes S. 135.
18) Insb. Art. 8 Z. 3, 4, 6, 8, 10, 18 und Art. 10 Z. 16 des Gesetzes
vom 8. August 1878.
20) In dieser Ueberzeugung wird man dadurch bestärkt, dass die Ver-
waltungsklage thatsächlich nur in jenen Fällen zugelassen erscheint, in wel-
chen nach den weiter unten darzulegenden Gesichtspunkten zweifellos ein
subjectives Recht vorliegt. — Es kann nicht eingewendet werden, dass die
Polizei überwiegend nach ihrem Ermessen vorgeht, und dass eben darum
die Verwaltungsklage gegen polizeiliche Verfügungen nur ausnahmsweise
Platz greift. Denn das freie Ermessen der Polizei ist nirgends ein absolut
unbeschränktes, und eine Verletzung dieser Schranken kann überall vor-
kommen (vgl. Kraıs a. a. OÖ. S. 28 unten). Der Umstand, dass eine Er-
messensfrage vorliegt, begründet überdies nach bayer. Rechte an und für sich
nicht die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes; auch in den
diesem Gerichtshnfe zugewiesenen Fällen können Ermessensfragen vorliegen,