Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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theil für die Verwaltungsorgane die rechtliche Möglichkeit, unter 
bestimmten Voraussetzungen und mit Beobachtung bestimmter 
Formen rechtlich geschützte (ideelle oder materielle) Güter der 
Einzelnen zu schmälern oder zu entziehen?®). 
Vom Standpunkte dieser Auffassung lösen sich alle Bedenken, 
zu welchen die Eingangs erörterte Auffassung in Rücksicht der 
sog. Freiheitsrechte Anlass gab. 
Man sieht sich nicht mehr jener Unfassbarkeit des rechtlich 
geschützten Gutes gegenübergestellt, von welcher oben gesprochen 
wurde. Das rechtlich geschützte Gut (mag dabei die Willens- 
freiheit oder das individuelle Interesse betont werden) empfängt 
seinen Umfang lediglich durch den das subjective Recht aner- 
kennenden Rechtssatz, und wird durch keinen der die Ermäch- 
tigungen der Verwaltung enthaltenden Rechtssätze tangirt; es 
besteht ungeschmälert fort, bis im concreten Falle die Behörde 
von der Ermächtigung, in die Sphäre des subjectiven Rechtes 
einzugreifen und damit das Rechtsgut zu schmälern, Gebrauch 
macht, ähnlich, wie das Eigenthumsrecht ungeachtet der gesetz- 
lichen Ermächtigung zur Expropriation oder der gesetzlichen 
Vorschriften über die Steuerpflicht u. dgl. ungeschmälert fort- 
2) Es wurde bereits auf eine Aeusserung Bänr’s hingewiesen, mit 
welcher die oben vertretene Anschauung vollkommen vereinbar wäre. (Ge- 
meint sind die Worte Bänr’s: „Jede Genossenschaft hat das Recht, in ge- 
wissem Masse in die Rechtssphäre ihrer Angehörigen einzugreifen. Soweit 
ihr Recht dazusteht, muss ihr das gegenüber stehende individuelle Recht 
weichen.“ So verstehe auch ich das Verhältniss. Bäur fügt aber freilich 
sofort hinzu: „Ueberschreitet sie dagegen jenes Mass, so wird dadurch das 
individuelle Recht verletzt.“ Damit ist also doch wieder der Auffassung 
Raum gegeben, dass das individuelle Recht selbst durch die Vollmachten 
der Verwaltung abgegrenzt ist, dass es also gesetzmässige Eingriffe in die 
Sphäre des subjectiven Rechtes (Privatrechte immer ausgenommen) nicht 
gibt. Es muss freilich gleich hier bemerkt werden, dass von einer Ver- 
letzung des Freiheitsrechtes durch einen gesetzmässigen Verwaltungsact 
allerdings nicht wohl zu sprechen ist, da das Recht, welches der Einzelne 
der Verwaltung gegenüber hat, wie weiter unten zu zeigen sein wird, un- 
geachtet aller Eingriffe in die Sphäre des Individuums immer ungeschmälert 
fortbesteht. Dagegen kann allerdings das durch dieses subjective Recht 
geschützte Gut des Einzelnen durch einen vollständig gesetzmässigen Act der 
Verwaltung geschmälert werden,
	        
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