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besteht, insolange eine Expropriation nicht erfolgt, der Steuer-
betrag nicht eingehoben ist.
Diese Auffassung lässt es ferner erklärlich erscheinen, warum
die oben erwähnten gesetzlichen Bestimmungen über die Kompetenz
der Verwaltungsgerichte die Gesetzwidrigkeit einer Verfügung und
die Verletzung eines subjectiven Rechtes auseinanderhalten und
jedes dieser Momente als selbständige Voraussetzung der Ver-
waltungsklage hinstellen. Der Rechtssatz, auf welchem das sub-
jective Recht beruht, ist eben ein anderer, als jener, welcher die
Grenzen der Befugniss der Verwaltung umschreibt. Ist ein be-
stimmter Rechtssatz, aus welchem die Absicht des Gesetzgebers,
einsubjectives Recht des Einzelnen anzuerkennen, erschlossen
werden könnte, nicht nächweisbar, so ist auch durch eine gesetz-
widrige Verfügung ein subjectives Recht nicht verletzt. Die Ver-
fügung kann gesetzwidrig sein, ohne gleichwohl ein subjectives
Recht zu verletzen. Und umgekehrt: es kann ein Eingriff.in.die.
Sphäre eines subjectiven Rechtes vorliegen, ohne dass darum die
Verfügung gesetzwidrig erscheinen müsste; denn die Verwaltungs-
rechtssätze ermächtigen eben vielfach zu Eingriffen in die subjec-
tive Rechtssphäre. Wenn das Gesetz von gesetzwidrigen Ver-
fügungen spricht, durch welche subjective Rechte verletzt werden,
so ergeben sich als logische Gegensätze: der gesetzmässige
Eingriff in ein subjectives Recht und die gesetzwidrige
Verfügung, welche nicht in ein subjectives Recht ein-
greift. In diesen beiden Fällen ist die Verwaltungsklage aus-
geschlossen ?%).
Es erübrigt auszuführen, dass die hier vertretene Ansicht
jenen Einwürfen entgeht, welche gegen die herrschende Lehre
aus dem Begriffe des subjectiven Rechtes selbst hergeholt werden.
Indem die letztere die ‘individuelle Rechtssphäre jener Willens-
oder Interessensphäre gegenüberstellt, welche gesetzlich zulässigen
#4) Darum ist die Frage, ob dem Kläger ein subjectives Recht zur
Seite steht, vor Allem zu prüfen; wird sie verneint, so kommt für das Ver-
waltungsgericht die Frage der Gesetzmässigkeit der Verfügung nicht mehr
in Betracht — die Klage ist abzuweisen; vgl. ExeL’s Sammlung (das Ver-
fahren vor dem k. k. Verwaltungsgerichtshofe) Nr. 85, 87, 100, 104, 105.
114 u. a. — Entsch. des Preuss. O.-V.-G, Un. 57; IX n. 38 u. 56.
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