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u. zw. wenn die versuchte Unterordnung lediglich als Befehl auf-
tritt, durch blosse Passivität. Anders liegt die Sache, wenn der
mir gegenübertretende Wille ein mit Macht ausgestatteter Wille
ist, und wenn darum der Befehlende seinen Willen auch dann
durchzusetzen vermag, wenn er das Gewollte nicht auf Grund
einer Rechtsnorm verlangen kann. Wäre die Behauptung v. SAR-
wEy’s, dass der Wille der Verwaltungsorgane im Verfassungs-
staate nur insoweit mit der Kraft des Staatswillens ausgestattet
ist, als er sich in Uebereinstimmung mit den Verwaltungsrechts-
normen befindet, durchaus zutreffend, so wäre allerdings dem sub-
jectiven Freiheitsrechte (welche doch SarweEy selbst behauptet)
der Boden entzogen, denn dann bedürfte es keiner Steigerung
des Willens des Einzelnen zur Willensmacht, um dem gesetz-
widrigen Befehle, also einer nicht mit der Macht des Staatswillens
ausgestatteten Willensäusserung des Verwaltungsorganes gegenüber
sich zu behaupten. Allein jene Behauptung erleidet doch wesent-
liche Einschränkungen. Am schärfsten zeigt sich das darin, dass
der Willensact eines Verwaltungsorganes, sofern seine Norm-
widrigkeit eben nur darin besteht, dass ohne gesetzliche Ermäch-
tigung in die Sphäre des Einzelnen eingegriffen wurde, die volle
Kraft des Staatswillens gewinnt, sowie er formelle Rechtskraft
erlangt hat, sowie er unanfechtbar geworden ist. Dem Befehle
der Verwaltung gegenüber darf sich der Einzelne nicht passiv
verhalten, er muss auch dann, wenn der Befehl gesetzwidrig ist,
durch eigenes Thätigwerden zu verhindern suchen, dass der Befehl
vollstreckbar werde. Und eben nur darum, weil der Wille der
Verwaltungsorgane, auch wenn er gesetzwidrig ist, die Kraft des
Staatswillens erlangen kann — freilich aber auch nur insoweit,
als das der Fall ist ®!) —, bedarf es auf Seite des Einzelnen
31) Darum kann von einem Rechte der körperlichen Integrität
(v. SarwEy, Allgem. Verw.-R. in Marquardsen’s Handb. S. 120) nicht ge-
sprochen werden. Ueberschreitet ein Organ der Verwaltung bei unmittel-
barer Gewaltanwendung gegen die Person seine gesetzlichen Befugnisse, so
fällt seine Handlung unter das Strafgesetz; es liegt eine absolut verbotene
Handlung vor und dieser gegenüber bedarf es keines subjectiven Rechtes des
Einzelnen. Hier trifft die sehr richtige Bemerkung DEsEnkoLg’s (Einlassungs-
zwang und Urtheilsnorm S. 87) zu: „Das subjective Recht reicht streng ge-
nommen nur so weit als die Indifferenz der Staatsgewalt gegenüber dem Ein-