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SEYDEL sagt, privatrechtlichen) Handlungsfreiheit gegenüber; dieser
Handlungsfreiheit setzt der Staat durch Gesetz, insbesondere durch
gesetzliche Ermächtigungen der Verwaltungsbehörden Schranken;
das Handeln-Dürfen ist kein Recht, das Verbot des Handelns
aber ist; allerdings eine Beschränkung, mag das Verbot auch nur
ein Handeln ohne specielle behördliche Erlaubniss treffen, und
nicht die Handlung als solche.
Auf der andern Seite steht die Meinung derjenigen, welche,
wie v. SARWEY aus der Abgrenzung der Ermächtigungen der
Verwaltung eine Potenzirung der so geschützten Individualinter-
essen zu subjectiven Rechten folgern, oder, wie LÖNING und
V. STENGEL, rechtlich geschütztes Handeln-Dürfen und subjectives
Recht identificirend, Staatsorgan und Staatsbürger überall als
Subjecte von Rechten, von Befugnissen einander gegenüberstehend
vorstellen. Hier gilt die Gewerbefreiheit durchweg als ein für
den Umfang subjectiver Rechte der Einzelnen bedeutsamer Rechts-
grundsatz. Freilich geht nur v. STENGEL so weit, zu sagen, die
Gewerbefreiheit bestehe darin, dass jeder physischen Person ohne
Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Dispositionsfähigkeit u. s. w.
grundsätzlich die Befugniss (d. i. nach STENGEL’s eigener Defini-
tion das subjective Recht) zum Gewerbebetriebe und der beliebigen
Ausübung desselben zusteht. Lönıne begnügt sich, als den
wesentlichen Inhalt der Gewerbefreiheit die gleiche Rechtsfähig-
keit Aller in Bezug auf den Gewerbebetrieb hinzustellen, womit
er, falls hier nur die privatrechtliche Rechts- oder Handlungs-
fähigkeit gemeint sein sollte (was freilich nicht angenommen
werden kann) der Auffassung LagAanp’s sehr nahe käme. Bei
SARWEY findet sich eine Umschreibung des juristischen Inhaltes
der Gewerbefreiheit, welche gewiss sehr beachtenswerth ist. Der
Grundsatz der Gewerbefreiheit, sagt SARWEY, gewinnt im Ver-
fassungsstaate die Bedeutung, dass nur die gesetzgebende Gewalt
dem Einzelnen Beschränkungen auferlegen kann und dass keine
Beschränkung durch Verwaltungsorgane rechtlich zulässig ist,
welche nicht als die Ausführung des Gesetzes oder der gesetz-
lichen Ermächtigung gerechtfertigt werden kann. Nicht conse-
quent ist es dann freilich, wenn SARwEY weiter erklärt, dass
jene Erwerbsarten, deren Ausübung durch Ertheilung einer be-