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vielmehr an dem Principe fest, dass seine Cognition sich auch
darauf bezieht (allerdings aber auch sich darauf beschränkt), ob
der Behörde überhaupt solche T’hatsachen vorlagen, aus welchen
die Besorgniss einer Gefährdung des öffentlichen Wohles mit
Grund abgeleitet werden kann, während allerdings die weitere
Frage, ob diese Thatsachen auch so beschaffen und stark genug
waren, um das Versagen der Genehmigung zu rechtfertigen, d.i.
also, ob das öffentliche Interesse die Versagung erheischte, kein
Substrat der Subsumtion eines gegebenen Thatbestandes unter
das Gesetz oder unter eine bestimmte Rechtsregel ist°®), mit
anderen Worten: in das freie Ermessen der Behörde fällt.
So hat auch das Preussische Oberverwaltungsgericht wieder-
holt selbst in Rücksicht einer so allgemeinen Voraussetzung, wie
sie in dem vom Gesetze gebrauchten Worte „Gefahr“ ausge-
drückt ist, das freie Ermessen nicht zugelassen °') und mit Recht
ausgesprochen, dass das Vorhandensein einer Gefahr, wo das
Gesetz von einer solchen spricht, eine thatsächliche Voraus-
setzung für das Erlassen einer Polizeiverfügung bildet°?).
Dem Verwaltungsrichter erwächst überall die Aufgabe der
strengen Ermittelung der Grenzen des administrativen Ermessens,
und er darf dieses Ermessen in keinem Falle zulassen, wo es
sich um Interpretation des Gesetzes in Rücksicht des von ihm
vorausgesetzten Thatbestandes, und um Subsumtion der im
concreten Falle ermittelten Thatumstände unter das Gesetz han-
delt®). Der österreichische Verwaltungsgerichtshof scheint mir
dem freien Ermessen der Verwaltungsbehörde einen viel zu weiten
Spielraum einzuräumen, indem er Beschwerden, welche gegen die
Verweigerung von Gewerbeconcessionen, von Genehmigungen ge-
werblicher Anlagen oder selbst von Bauconsensen gerichtet sind,
überwiegend unter Berufung auf 8 3 lit. e des Gesetzes vom 22. Oc-
60) y, Hyez, Samml. a. Erk. des österr. Reichsgerichtes, n. 78, 241;
ähnlich Erk. vom 20. Jänner 1888.
st) a.a. O.B. IV. n. 71, VI.n. 53, VII n. 62.
#2) „Die Gefahr bildet den Thatbestand des $ 10 Tit. 17 Th. III.
A.-L.-R.“ B. XIII n. 53, S. 396.
58) Vgl. E. d. Pr. O.-V.-G. B. IX n. 50.