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wie Ram (Krit. Vierteljahrsschrift, 29. Bd. S. 462) einen Fehler erblicken;
wenn Verf. den Staatsrath juristisch zutreffend charakterisirt, kann es dem
Zwecke eines Lehrbuches nur durchaus entsprechen, wenn eine beigefügte
Bemerkung die praktische Bedeutung dieser und anderer dem Studierenden
keineswegs von selbst einleuchtenden Einrichtungen klar stellt. Auch den an
anderer Stelle gerügten Mangel, dass Verf. nicht bei allen die innern Kreise
der Literatur bewegenden Streitfragen alle rationes dubitandi et decidendi,
welche für eine aufgestellte Lehrmeinung oder gegen eine solche sprechen,
angeführt habe, empfinde ich nicht als solchen, in dem Augenblicke, da ich
mir die knapp bemessene Aufgabe des Buches vergegenwärtige. Ich hätte
vielmehr eine strengere Wahrung dieses Charakters auch an vielen Punkten
dieser Theile, übersichtliche Distincetionen, wörtliche Anführung zahlreicherer
Gesetzesstellen etc. gewünscht. Namentlich dem letztern Mangel könnte leicht
abgeholfen werden ohne Erweiterung des Umfanges, wenn das für den Stu-
dierenden werthvolle Quellenmaterial in einer neuen Bearbeitung an die
Stelle der für ihn zumeist völlig werthlosen literarischen Courtoisie-Citate
oder der Citate rein decorativer Natur treten würde. Stoerk.
Hue de Grais. Handbuch der Verfassung und Verwaltung in
Preussen und dem Deutschen Reiche. 5. Auflage. Berlin.
Springer. 1886. 8°. S. 504.
Dass das vorliegende Buch im Verlaufe von wenigen Jahren — die erste
Auflage ist am Schlusse des Jahres 1881 erschienen — bei der fünften Aus-
gabe anlangen konnte, zeigt, dass es den Zugang zum Gericht, zur Verwal-
tungsbehörde und vielleicht sogar — ein Vertreter des Öffentlichen Rechts
darf nicht allzu sanguinisch sein — zu den Bücherbrettern unserer Rechts-
kandidaten gefunden hat. Die Thatsache kann freudig verzeichnet werden,
denn das schlichte Handbuch ist nicht das Resultat eines „glücklichen
Griffes“, sondern das Ergebniss einer tief eindringenden Sachkenntniss; in
der Disposition des Ganzen, wie in der Ausführung des Gebotenen, wie in
der Andeutung des Ausgeschiedenen. Was dem Buche m. E. noch fehlt,
— auch wenn es nicht den Anspruch erheben will, als fachliches Lehrbuch
zu dienen — ist eine regelmässige Verweisung bei allen Kapiteln auf die
entsprechenden Abschnitte in den Hauptwerken unserer staats- und verwal-
tungsrechtlichen Literatur. Es würde dadurch auch denjenigen besser zum
Hilfs- und Handbuch dienen, welche aus der descriptiven Darstellung unserer
gesammten Öffentlich rechtlichen Verhältnisse den Zugang zur wissenschaft-
lichen Dogmatik einer speciellen Frage gewinnen wollen. St.