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Widerspruch nicht zu erheben. Es bleibt lediglich ein Streit
um den Namen übrig. Soll man diesen wahren Staatsdienstver-
trag einen Öffentlichrechtlichen nennen dürfen? Die öffentlich-
rechtliche Wirkung rechtfertigt das für sich allein noch nicht ®?).
Sonst wären auch die oben erwähnten fiskalischen Lieferungs-
und Pachtverträge des preussischen Rechtes wenigstens gemischt
öffentlichrechtliche Verträge in dem von Rrum vertheidigten
Sinne. Und ein Vertrag, durch welchen Jemand gegen Entgelt
auf Verfolgung einer Beleidigung verzichtet, verdiente den Namen
eines strafrechtlichen Vertrages. Die unjuristische Behandlungs-
weise des Öffentlichen Rechtes hat freilich aus dem Worte eine
blosse Titulatur gemacht, welche aus äusserlichen Gründen
dieser oder jener Erscheinung verliehen wird. Wenn man sie
auch unserem Rechtgeschäfte verleiht, so geschieht es vielleicht
in dem halben Zugeständniss, dass es eigentlich öffentlichrecht-
lich behandelt werden sollte. Seine Natur kann das nicht ändern.
Es erinnert vielmehr an die Geschichte von jenem Pfäfflein, wel-
ches am Fasttage ein Huhn verspeisen wollte und zu ihm sprach:
baptızo te piscem.
°°) REHM in Annalen 1885, $. 121 beruft sich darauf, dass man ja
auch um der Wirkung willen familienrechtliche und obligatorische Ver-
träge unterscheide. Das beweist nichts. Bei gleicher juristischer Natur
der Rechtsgeschäfte können weitere Unterscheidungsmerkmale von ent-
fernteren Umständen hergenommen werden. Eine richtige Analogie bietet
der völkerrechtliche Vertrag: derselbe führt seinen Namen nicht wegen
des Inhalts und der Wirkung, sondern wegen des grundlegenden Verhält-
nisses, in welchem die beiden Rechtssubjecte bei Abschluss des Rechts-
geschäftes sich gegenüberstehen. Zwischen Gleichen unterlıalb der Staats-
gewalt entsteht das civilrechtliche, zwischen Gleichen ausserhalb einer ge-
meinsamen ÖObergewalt das völkerrechtliche, zwischen Ungleichen, d.h.
zwischen Staatsgewalt und Unterthan das öÖffentlichrechtliche Rechtsge-
schäft. Von dieser verschiedenen Grundlage aus bestimmt sich in erster
Linie die juristische Natur des Geschäftes und sollte sich wohl auch der
Name bestimmen. In den Wirkungen kann nachher mancherlei Ver-
mischung eintreten.