Full text: Archiv für öffentliches Recht.Dritter Band. (3)

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es also entweder auf die Vertragsform verzichten, indem man 
gleichwohl den Zustellungsakt allein entscheidend sein lässt für 
die Perfection. Oder man muss die Perfection verschieben bis 
zum Augenblick der eigenen Kenntnissnahme des Adressaten. 
Wenn also die Tochter dem von der Reise heimkehrenden Vater 
die Bestallung entgegenbringt, so vollzöge sich damit die Be- 
gründung des Beamtenverhältnisses, und wenn der Ernannte noch 
vor diesem Augenblick stirbt, so wäre die gehörig zugestellte 
Ernennung niemals gültig geworden. Wir erhielten im ersteren 
Falle erst recht wieder einen unsicheren Perfectionspunkt und 
im letzteren kämen wir zu einer unannehmbaren Entscheidung 
in der Sache selbst ??). 
Aber auch das angebliche Kecht des Ernannten, die Er- 
nennung durch Zurückweisung der Bestallung einfach in Nichts 
zerfliessen zu machen, besteht nicht. Setzen wir den Fall: der 
Mann habe sich um das Amt beworben, dringend darum gebeten; 
jetzt kommt die kaiserliche Bestallung, und er nimmt sie nicht 
an, sondern schickt sie sofort an die Behörde zurück. Wird 
diese nach oben berichten: wir haben dem X. die Vertragsofferte 
Sr. Majestät mitgetheilt, aber er weigert sich, den Vertrag abzu- 
schliessen; die Bestallung ist also gegenstandslos geworden? 
Gewiss nicht! Wenn auf dem klaren Rechte bestanden werden 
soll, wird sie vielmehr den Ernannten darauf aufmerksam machen, 
dass er Beamter sei und ein Entlassungsgesuch einreichen könne. 
92) DERNBURG, Lehrb. d. Pr. Pr.-Rechts II, S. 561, Anm. 8 behandelt 
einen ganz ähnlichen Fall: „Wurde Jemand zum Beamten ernannt, welcher 
schwer erkrankt, längere Zeit von der Anstellung nichts erfuhr, so war er 
Beamter, wenn er nur nicht später ablehnt, von Zustellung des Dekretes 
an, er war Beamter, wenn er in der Krankheit stirbt. Willenseinigung 
ist also nicht erfordert.“ Diese Entscheidung ist gewiss richtig und ebenso 
die Folgerung gegen die Vertragsnatur des Geschäftes, welche DERNBURG 
daraus zieht. Das „wenn er nur nicht später ablehnt“, kann aber nur den 
Sinn haben: „wenn er nur nicht bewirkt, dass die Ernennung zurückgenom- 
men wird.“ Davon gleich Näheres.
	        
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