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seinerseits verpflichtet sein auf Lebenszeit, so würden wir das
jedenfalls nicht für gültig erachten. Das fliesst aus der Natur
des Beamtenverhältnisses als eines Dienstverhältnisses. Auch
unsere neuen Civilgesetzbücher gestatten nicht, dass der Diener
im Dienstvertrage sich auf ewig binde. Denn das wäre eine
Veräusserung seiner Freiheit und diese ist extra commercium 1°),
Der Beamte ist aus dem gleichen Grunde unfähig, sich für un-
begrenzte’ Dauer zu unterwerfen, folglich überschreitet die er-
nennende Behörde, welche nur durch seine Unterwerfung zu-
ständig wird ihn zu verpflichten, ihre Zuständigkeit, indem sie
ihn zu mehr verpflichtet, als wozu er sich unterwerfen konnte,
Der Fall würde so zu behandeln sein, als wäre über die Dauer
nichts bestimmt.
Wenn aber etwa bei der Anstellung nur bestimmt sein
sollte, dass der Beamte eine Kündigungsfrist von 6 Monaten ein-
halten oder auch 1, 2 Jahre fest gebunden sein solle, so ist nicht
abzusehen, weshalb das ungültig sein müsste. Ein verbietendes
Gewohnheitsrecht aufzustellen, fehlt jede Grundlage.
Der letzte Fall ist der, wo bei der Anstellung über die
verbindliche Dauer nichts gesagt ist. Dann wird allerdings auch
dem Reichsbeamten das Recht zuzugestehen sein, jeder Zeit seine
Entlassung zu verlangen. Der Grund liegt aber nicht in einem
Gewohnheitsrecht — es ist unerfindlich, wo man das so ge-
schwind herbekommen will —, sondern in einer Auslegung des
Willens des Begründungsaktes.. Man darf annehmen, dass er
im Zweifel das Dienstverhältniss so hat ordnen wollen, wie es
in den deutschen Einzelstaaten kraft besonderer Gesetze geordnet
zu sein pflegt, also lösbar durch den Beamten jeder Zeit. Wäre
107) ReuMm, Annalen 1885, S. 204 knüpft an diesen Gedanken unseres
Civilrechts an, wenn er sagt, ein Staatsdienst ohne Austrittsrecht wäre
Sklaverei und deshalb müsse das Austrittsrecht bestehen. Zwischen die-
sem Muss und jenem Satz brauchen wir aber doch ein juristisches Zwi-
schenglied.