Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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Beziehungen der Menschen unter einander. Hört die Natur- 
wissenschaft beim Menschen auf, so fängt die Rechtswissenschaft 
bei ihm an; seine Zusammensetzung fällt als eine physische nicht 
in ihr Bereich. Daher ist der Mensch für die Jurisprudenz, 
wie die Urzelle für die organische Naturlehre, ein Indi- 
viduum, etwas logisch Untheilbares. Wie aber die organische 
Naturlehre mit der Urzelle eben nur beginnt und ihre Gliederung zu 
höheren Organismen verfolgt, so erschöpft sich die Jurisprudenz 
nicht in der Betrachtung des Individuums, sondern verfolgt die 
Organisirung der Individuen zu Personen höherer Ordnung, Und 
wie trotzdem Wesen und Begriff des Organismus im Grunde das 
eine und gleiche ist auf allen Stufen der langen Entwicklungs- 
reihe, so ist auch Begriff und Wesen der Person das eine und 
gleiche, ob es sich nun um ein Einzelwesen oder um eines aus 
der aufsteigenden Reihe der Gemeinwesen handelt. Und wie es 
kein Widerspruch, sondern eine Folge der organischen Eigen- 
schaft ist, dass ein und dieselbe Bildung zugleich ein eigener 
Organismus und Organ eines höheren Organismus sein kann, so 
ist es kein Widerspruch, sondern eine Folge der organischen 
Personentheorie, dass ein und dasselbe Wesen zugleich eine 
eigene Person und Glied einer höheren Verbandsperson ist 77). 
Ja, im Rechts- und Staatsleben bildet dies Verhältniss — wenn 
wir von der Beziehung der „unabhängigen“ Staaten zur Völker- 
rechtsgemeinschaft zunächst noch absehen — die ausnahmslose 
Regel. Wenn es also LABAND für unvereinbar mit dem Begriff 
der Persönlichkeit erklärt, sie in Theile zu zerlegen, die ebenfalls 
Personen sind, so bedingt vielmehr gerade im (Gegentheil der 
organische Aufbau menschlicher Gemeinschaft dies Verhältniss, 
dass jede Person als solche zugleich ein organischer Theil einer 
T) „Von vornherein bezog sich die deutsche Persönlichkeit nicht bloss 
auf sich selbst, sondern zugleich auf höhere Gemeinheiten, für welche sie 
Glied und Trägerin war.“ GIERKE, Genossenschaftsrecht Bd. U, S. 37. Dort 
s. auch die näheren rechtshistorischen Belege.
	        
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