Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierter Band. (4)

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während die organische Zusammensetzung dieser Einheit bei den 
Individuen eine physische, also für das Recht unsichtbare ist, 
ist sie bei den Verbandspersonen eine rechtliche, also für das 
Recht wesentlich zu beachtende. Wer diesen Unterschied leugnet 
und die Gemeinwesen den Individuen gleichsetzt, der setzt sie 
eben als etwas, das sie in Wahrheit nicht sind, d. h. er bedient 
sich einer Fiktion. An dieser Thatsache wird auch durch das 
abstrakte Glaubensbekenntniss: die sog. juristische Person sei 
keine Fiktion, nichts geändert. LABAND bekennt sich zu diesem 
Axiom, und trotzdem führt seine individualistische Anschauung 
die Fiktion durch die Hinterthür wieder ein. Er sagt: „Wer sich 
z. B. die Stadt Berlin als juristische Person vorstellt, abstrahirt 
dadurch von der Vorstellung der einzelnen Einwohner Berlins; 
er kann diese Vorstellung überhaupt nicht anders gewinnen, als 
dass er sich die einzelnen Einwohner wegdenkt, nicht als wären 
sie überhaupt nicht vorhanden, aber so, dass sie etwas von der 
Vorstellung der Stadt Berlin Verschiedenes sind.“ Der hier 
geforderte Gedankenprozess ist doch aber gar nichts anderes, als 
eine Fiktion. Wohl ist die Stadt Berlin als Gesammtperson 
etwas anderes, als die unorganisch neben einander stehend gedachte 
Summe ihrer Bürger; sie ist die auf dem Gemeindegebiet zu 
einem einheitlichen Gemeinwesen organisirte Vielheit der Bürger. 
Aber „wegdenken“ kann man sich diese Vielheit der Bürger 
nicht, — auch nicht in LABAnD’s Sinne so, dass sie etwas von 
der Stadt Verschiedenes seien, — ohne der Gesammtperson ihren 
realen, lebendigen Inhalt zu rauben und sie zu einem fingirten, 
leblosen Schemen zu machen. Denn denkt man sich die Bürger 
weg, so bleibt von der Stadt Berlin nichts übrig, als ein Stück 
der leblosen Natur; und ein solches kann doch nun und nimmer 
Träger einer eignen Willenssphäre, niemals Rechtssubjekt, Person 
sein. Zwischen jenem Stück Land und den davon verschiedenen 
Personen der Bürger könnten niemals Rechts- und Pflichtverhält- 
nisse bestehen. Das Rechtsband, welches — ein Theil des öffent-
	        
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